Die Auswahl des geeigneten Index

Die Indexwahl ist ganz zentral. Es gibt unterschiedliche Beurteilungskriterien, die von Bedeutung sind.

Text: Barbara Kalhammer

Welche Rolle spielt die Wahl des geeigneten Benchmarkindex?

Wir unterscheiden die normative und die deskriptive Funktion eines Benchmarkindex. Wird im Rahmen des Top-Down-Allokationsprozesses den einzelnen Anlageklassen eine Benchmark zugeordnet, so steht die normative Funktion im Vordergrund. Indem das Anlageuniversum und deren Gewichtung sowie die Rebalancing-Methodik verbindlich festlegt werden, wird mit der Zuordnung eines Benchmarkindex die Anlagetätigkeit vorgegeben. Im Rahmen der laufenden Überwachung und Kontrolle des  Anlageprozesses steht demgegenüber die deskriptive Funktion im Mittelpunkt: Der Vergleich des erzielten Anlageergebnisses mit der anwendbaren Benchmark erlaubt eine umfassende und schlüssige Beurteilung der Managerleistung.

Wie sieht das Konzept von c-alm zur Eignungsbeurteilung eines Index aus?

Wir haben zur Beurteilung eines Index ein Rating-Konzept entwickelt, das im Wesentlichen auf den drei Kriterien Ertrag, Risiko und Liquidität aufbaut. Bei der Beurteilung des Ertragspotenzials eines Benchmarkindex stützen wir uns vorzugsweise auf fundamentale Ertragskennzahlen statt historische Renditekennzahlen ab. Im Falle von Aktien- und Immobilienindizes evaluieren wir zu diesem Zweck beispielsweise das aggregierte Kurs-Gewinn-Verhältnis, Buchwert-Marktwert-Verhältnis et cetera.

Bei Bondindizes liefern die gewichteten Verfallsrenditen (Yield to Maturity, Yield to Worst) wichtige Indikationen bezüglich des Ertragspotenzials eines Index. Die Risikobeurteilung nehmen wir in erster Linie basierend auf der konkreten Zusammensetzung eines Benchmarkindex vor: Neben den geografischen, währungs- und sektorspezifischen Diversifikationseigenschaften untersuchen wir insbesondere auch die Titelkonzentration innerhalb des Index. Die Liquidität, gemessen am kumulierten und durchschnittlichen Transaktionsvolumen, dient als Indikator der Flexibilität der Anlagebewirtschaftung.

Gibt es weitere Beurteilungskriterien, die von Bedeutung sind?

Es gibt sehr wohl weitere Kriterien, die für die (investorspezifische) Eignungsbeurteilung eines Index von Bedeutung sein können. So spielt die Produktverfügbarkeit bei der Umsetzung eine wichtige Rolle. Erwünscht sind Produktangebote, die sich durch einen hohen Anbieterwettbewerb charakterisieren. Wir sind der Ansicht, dass im Grundsatz das Anlagebedürfnis des Investors das am Markt verfügbare Index-Angebot erzeugen sollte und nicht umgekehrt. Und da (spätestens) ab zehn Millionen Franken ein kompetitiver Markt für massgeschneiderte Mandatslösungen entsteht, erachten wir – zumindest im institutionellen Segment – dieses Kriterium im Vergleich zu Ertrag, Risiko und Liquidität als weniger wichtig.

Einen weiteren Aspekt bilden die Diversifikationseigenschaften des Index im Gesamtportfoliokontext. Ein Index, der im Gesamtportfoliokontext die besseren Diversifikationseigenschaften aufweist, gilt es ceteris paribus zu bevorzugen. Bei institutionellen Anlegern mit einem sehr spezifischen Finanzierungszweck können zudem verpflichtungsorientierte Überlegungen eine Rolle spielen. So muss sich eine Pensionskasse mit einem eher älteren Versichertenbestand und entsprechend hohem Langlebigkeitsrisiko beispielsweise überlegen, ob sie einen Benchmarkindex verwenden will, der signifikante Positionen in Lebensversicherungsunternehmen aufweist.

Die meisten Indizes werden auf Basis der Marktkapitalisierung gemessen. Kritiker bemängeln dieses Konzept (Klumpenrisiko et cetera). Wie stehen Sie dazu?

Die marktkapitalisierte Gewichtung hat in gewissen Anlagekategorien sicherlich ihre Tücken. Sie führt in der Kategorie Aktien Schweiz zu einer hohen Titelkonzentration und in der Kategorie Aktien Global, gemessen am Wachstum, P/E-Ratio und BIP zu einer Untergewichtung der Emerging Markets. In der Anlageklasse der Fremdwährungs-Obligationen ist die marktkapitalisierte Gewichtung verantwortlich für den hohen Anteil an hoch verschuldeten Staaten. BIP-gewichtete Obligationenindizes sowie ausgewogen zusammengesetzte Schweizer Aktienindizes bieten tatsächlich interessante Alternativen zu ausschliesslich an der Marktkapitalisierung ausgerichteten Indizes. Die Umsetzung scheitert jedoch noch oft an der Produktverfügbarkeit und deren Liquidität.

Nach der Indexwahl, muss das richtige Produkt gefunden werden. Worauf sollte hier das Hauptaugenmerk liegen?

Im Vordergrund steht die Beurteilung der Tracking-Qualität und der involvierten Bewirtschaftungskosten. Da sich aber eine unzureichende Tracking-Qualität indirekt wiederum als zusätzliche Kostenbelastung manifestiert, kann man sich auf die Evaluation der Kosten beschränken – dies allerdings nur, wenn sämtliche Kostenbestandteile (TER, Spreads bei Swap-Umsetzungen, Quellensteuerbelastung, Transaktionskosten und -steuern bei physischer Replikation) bekannt sind.

Sofern bei einem Indexprodukt Gegenparteirisiken involviert sind (generell bei ETC/ETN; generell bei synthetisch replizierenden ETF; aus Securities Lending) sind diese separat zu analysieren. Solche zusätzlichen Gegenparteirisiken sollten vom jeweiligen Produktanbieter adäquat entschädigt werden und sich folglich in einer – gegenüber dem Benchmarkindex – höheren Zusatzrendite manifestieren.

Wie lassen sich die für eine Vollkostenanalyse benötigten Kostenbestandteile zuverlässig erheben?

Die Total Expense Ratio (TER) bildet in der Welt der Anlagefonds ein wichtiges Kriterium zur Bemessung der Kosten und ist zudem leicht zu ermitteln. So findet man die jährlich belastete TER beispielsweise im Jahresbericht jedes ETF. Die TER umfasst Management-, Administrations-, Fondleitungs- sowie Depotgebühren. Leider gibt die TER aber nicht die ganze Kostenwahrheit wieder, denn Transaktionskosten und Steueraufwendungen sind nicht enthalten.

Im Falle von synthetisch replizierten ETF verursacht zudem die im Gefäss enthaltene Swapstruktur zusätzliche Kosten, die ebenfalls nicht in die TER einfliessen. Diese zusätzlichen Kostenbestandteile sind kaum auffindbar, geschweige denn basierend auf revidierten Geschäftsberichten überprüfbar. Eine alternative Methode zur Bemessung der Vollkosten liegt in der Evaluation der Renditedifferenz zwischen dem Portfolio und dem Total Return des angewendeten Benchmarkindex.

Damit wird das Pferd quasi am Schwanz aufgezäumt. Bei Produkten ohne Tracking-Risiko (wie beispielsweise Full-Replication-Produkte oder synthetische ETF), wiederspiegelt diese Renditedifferenz implizit alle verursachten Kostenbestandteile.

Ueli Mettler ist seit 2010 Partner beim Beratungsunternehmen c-alm AG
sentifi.com

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