«ETF haben gehalten, was sie versprechen»

Alex Hinder, CEO von Hinder Asset Management, setzt seit vielen Jahren ETF in der Vermögensverwaltung ein und ist immer noch von den Vorteilen überzeugt.

Text: Barbara Kalhammer

10×10  Herr Hinder, Sie sind bereits ein alter Hase im ETF-Business und haben den Aufstieg der Produkte hautnah miterlebt. Ist die Begeisterung noch so gross, wie sie es zu Beginn war?

Alex Hinder   Absolut. Das steigende Volumen der in ETF investierten Gelder und das immer breitere Angebot zeigen die zunehmende Akzeptanz und Verbreitung dieser Produkte. Immer mehr Anleger halten börsenkotierte Indexfonds in ihren Portfolios. Die letzten Jahre mit schwierigen Finanzmärkten haben gezeigt, dass man mit einem ETF-basierten Portfolio die Risiken und Performanceerwartungen viel besser beeinflussen kann als mit einem traditionellen Portfolio.

Warum positionieren Sie sich derart klar für ETF und gegen aktive Investmentfonds?

Es ist erwiesen, dass langfristig nur eine kleine Zahl von aktiv verwalteten Anlagefonds den Index schlägt. Praktisch ein Ding der Unmöglichkeit ist es, diese im Voraus zu identifizieren. Das Grundproblem der aktiven Fonds liegt in deren hohen Kosten: Bei einer Gebührenbelastung von bis zu zwei Prozent oder mehr pro Jahr kann auch der beste Portfoliomanager nichts mehr herausholen. Für mich war es deshalb nur die logische Konsequenz, auf kostengünstige ETF zu setzen. Übrigens hat selbst Warren Buffet für den Fall seines Ablebens seinem Treuhänder empfohlen, 90 Prozent des Vermögens in ETF zu investieren.

Was sind die Vorteile von ETF bei der täglichen Arbeit?

Anstelle der Analyse von Hunderten von Einzeltiteln verwenden wir einen Grossteil unserer Zeit für Änderungen in der Anlagetaktik sowie das Monitoring der breiten Marktentwicklungen. Sehen wir Handlungsbedarf, setzen wir Strategieanpassungen in den Portfolios rasch und einfach mit ETF um.

Was war in den vergangenen acht Jahren, die Sie mit ETF handeln, die grösste Enttäuschung bezüglich der Produkte?

Ich kann eigentlich nicht von Enttäuschungen sprechen. Die Produkte haben gehalten, was sie versprochen haben: eine breite Abdeckung eines Marktes oder Sektors. Wenn ich von etwas enttäuscht bin, dann von der immer noch weit verbreiteten Skepsis gegenüber diesen Finanzprodukten. Dabei sind ETF neben dem Bankomat wohl die einzige Bank-Innovation, die dem Kunden tatsächlich etwas bringt.

Doch auch bei Investitionen mit ETF ist man nicht vor Fehlern gefeit. Wo liegen für Sie die grössten Risiken?

ETF sind in den letzten Jahren dank zunehmender Transparenz und verschärften Regulierungen noch sicherer geworden. Die grössten Risiken sehen wir nicht bei den Produkten, sondern in den Finanzmärkten. So überträgt sich die Volatilität der Märkte 1:1 auf die entsprechenden Indexfonds. Es besteht die Gefahr, dass man Markttrends nicht oder erst zu spät erkennt.

Die grösste Schwierigkeit ist angesichts der breiten Vielfalt die Auswahl. Welche Aspekte müssen hier berücksichtigt werden?

Am Anfang sollte immer eine auf die persönlichen Bedürfnisse abgestimmte langfristige Anlagestrategie stehen. Diese bestimmt zu 90 Prozent die langfristige Performance des Portfolios. In einem weiteren Schritt werden die Indizes gewählt, welche die jeweiligen Anlageklassen am repräsentativsten abbilden.

Und dann sucht man den geeigneten ETF?

Exakt. Falls man sich nicht regelmässig intensiv mit ETF auseinandersetzt, ist es schwierig, aus dem immensen Angebot die geeigneten Fonds herauszufiltern – dies gilt aber generell für die Auswahl von Finanzprodukten. Folgende Aspekte sollten bei der ETF-Selektion berücksichtigt werden: Kosten, steuerliche Behandlung, Replikationsart, Grösse, Geld-Brief-Spanne.

Welchen Rat würden Sie Anlegern geben, die mit ETF ihr Portfolio aufbauen wollen?

Eine gute Diversifikation über verschiedene Anlageklassen ist sicherlich das wichtigste Kriterium. Die Höhe der Aktienquote sollte ausserdem der Risikotoleranz des Anlegers entsprechen. Klumpenrisiken sollte man auf jeden Fall vermeiden. Wer in den letzten zwei Jahren überproportional in Rohstoffen wie Gold investiert war, kann dies sicherlich bestätigen. Die Finanzmärkte antizipieren neue Entwicklungen  viel schneller, als man glaubt. Wer meint, er sei viel schlauer als die Märkte, wird früher oder später eines Besseren belehrt werden. Auch damit muss man sich auseinandersetzen.

Der ETF-Markt wird von einigen wenigen Anbietern dominiert, sowohl bei den Indizes als auch bei den ETF selbst. Ein Manko?

Nicht unbedingt. Besonders im ETF-Bereich ist die dahinterstehende «Fabrik» beziehungsweise die eingesetzte Technologie sehr wichtig. Denken sie nur an die notwendigen Trading- und Abwicklungsfazilitäten bei einem permanenten Wertschriftenhandel für Hunderte von Fonds. Das immer ausgefeiltere Reporting benötigt ebenfalls grosse Ressourcen, und last but not least gehören auch ein ausgezeichneter Sales-Support und Internetauftritt mit dazu. Nur grosse Anbieter können sich in Anbetracht der sehr tiefen Margen eine aufwändige Infrastruktur leisten.

Das Wachstum fördert auch immer neue Produktblüten, wie zuletzt die Smart-Beta-ETF. Wie schätzen Sie solche Weiterentwicklungen im Allgemeinen und Smart Beta im Speziellen ein?

Die Entwicklung von neuen Anlagelösungen unterstreicht die Dynamik, aber auch die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten von ETF. Nicht alle Weiterentwicklungen sind  nützlich und bieten einen Mehrwert. Obwohl ich die Vorteile von Smart-Beta-Lösungen sehe, glaube ich, dass diese Fonds eher für langfristig orientierte, institutionelle Anleger geeignet sind. Für kleinere Privatanleger sind die möglichen Anlagestrategien zu komplex und erfordern einen grösseren Überwachungsaufwand. Damit verliert man einen Hauptvorteil der ETF, nämlich deren Einfachheit.

Ebenfalls zu den Innovationen zählen währungsgesicherte ETF – für Privatanleger eine gute Wahl?

Ja, zweifellos. Diese Neuerung bringt für Privatanleger echten Mehrwert. Erstens macht bei vielen Anlageklassen eine systematische Absicherung des Wechselkursrisikos Sinn, da aus Währungsrisiken längerfristig kein Mehrertrag zu erwarten ist. Und zweitens ist es für einen kleineren Investor sehr aufwändig und viel teurer, das Wechselkursrisiko selber abzusichern. Die Absicherung innerhalb des ETF ist viel kostengünstiger.

Abschliessend: Wo steht der ETF-Markt heute und wohin wird der Weg führen?

Die Akzeptanz von ETF wird weiter zunehmen. Wenn wir uns die Entwicklung in den USA vor Augen halten, sind wir in Europa noch nicht sehr weit, da die meisten Anleger sich in erster Linie durch ihre Hausbank beraten lassen und nicht durch unabhängige Berater. Aber auch bei den institutionellen Investoren sehe ich noch viel Wachstumspotential. Vom globalen Obligationenmarkt sind erst 0,3 Prozent des Gesamtvolumens in ETF investiert.

Alex Hinder, Gründer und CEO von Hinder Asset Management
sentifi.com

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