ETF versus Indexfonds – Fast gleich und doch verschieden

Passive Anlagen sind bei den Anlegern en vogue. Dabei vergessen Investoren oft, dass es neben den ETF auch noch Indexfonds gibt. Trotz des nahezu gleichen Namens bestehen zwischen den beiden Anlagemöglichkeiten signifikante Unterschiede.

Text: Barbara Kalhammer

Bei passivem Anlegen wird zumeist sofort an ETF gedacht: einfach, transparent und vor allem an der Börse handelbar. Oft geht vergessen, dass es auch Indexfonds gibt, die nicht an der Börse gehandelt werden. Beide Produktarten verfolgen das gleiche Investmentziel: Sie versuchen einen Index 1:1 nachzubilden. Doch Indexfonds haben eine viel längere Geschichte als ETF: Bereits 1971 sind die ersten Produkte in den USA entstanden. Wenige Jahre später wurde der Vanguard 500 Index Fund lanciert, den auch Privatanleger erwerben können. Der Fonds verwaltet heute 227,5 Milliarden Dollar und zählt damit zu den grössten Fonds der Welt.

ETF hingegen entstanden erst 1993, ebenfalls in den USA. Die börsenkotierten Indexfonds haben sich zum Verkaufsschlager entwickelt, obwohl ETF und Indexfonds vielfach die gleichen Benchmarks abdecken. Den Produkten gemein ist, dass sie als Sondervermögen behandelt und von den Regulierungsbehörden überwacht werden. Bei einem Konkurs der Bank ist der Anleger geschützt. Wieso also einen ETF und nicht einen Indexfonds kaufen? Auch wenn die Bezeichnungen fast identisch sind, gibt es signifikante Unterschiede, allen voran bei Kosten, Handelbarkeit und Steuerbarkeit.

Handelbarkeit

Die Liquidität ist für viele Anleger zu einem wichtigen Kriterium bei ihren Investitionsentscheidungen geworden. Das wichtigste Mass für die Liquidität ist der Basiswert: Der ETF kann nur so liquide sein wie der zugrundeliegende Index. -Dies zeigt sich bei der Geld-Brief-Spanne, die Anleger beim Handel der Produkte bezahlen. Entscheidend für den ETF-Handel ist der Creation-Redemption-Prozess. Dabei werden auf dem Primärmarkt neue ETF-Anteile kreiert.

Dieser Prozess beinhaltet den Tausch von Aktienkörben gegen Fondsanteile.Hierbei übernehmen die Market Maker eine wichtige Aufgabe: Sie geben die in den Indizes enthaltenen Aktien in Form von Aktienkörben an die Fondsgesellschaft weiter. Im Gegenzug erhalten sie dafür Fondsanteile, die anschliessend für den Erwerb durch Investoren zur Verfügung stehen (Creation=Schaffung).

Gibt der Market Maker hingegen Fondsanteile aus seinem Bestand zurück, so erhält er von der Fondsgesellschaft anstelle von Cash Aktienkörbe (Redemption=Rückkauf). Durch diesen Prozess wird sichergestellt, dass ETF auf einem Kurs gehandelt werden, der sich eng am Nettoinventarwert (NAV) des Sekundärmarktes orientiert. Das macht ETF zu Vehikeln, die auch für taktische Massnahmen eingesetzt werden können.

Bei ETF auf ausländische Märkte kann es sinnvoll sein, nur dann zu handeln, wenn diese geöffnet haben. Ansonsten wird der faire Wert des Produkts von den Market Makern geschätzt. Ratsam ist es auch, seine Aufträge nicht zu Handelsbeginn und -schluss zu platzieren.

Bei Indexfonds gestaltet sich der Handel völlig anders. Käufe und Verkäufe erfolgen im sogenannten Primärmarkt mittels Fondszeichnungen, respektive -rücknahmen. Durch die Ausgabe von Anteilen fliessen dem Fonds Barmittel zu, die zum Kauf der im Index befindlichen Wertpapiere verwendet werden. Der Handel findet dabei einmal täglich statt.

Bei Schweizer Aktien ist die Schlusszeit für Fondszeichnungen, resp. -rücknahmen beispielsweise um 15 Uhr, erklärt Beat Rüegg, Produktspezialist Index Solutions bei der ZKB. Vor diesem Zeitpunkt erteilte Aufträge werden noch am gleichen Tag ausgeführt. Dabei kennt der Anleger bei Auftragserteilung den Tagesschlusskurs nicht. Der NAV wird erst am Folgetag auf Basis der Vortagesschlusskurse berechnet.  Diese Praxis nennt sich Forward Pricing:  «Anleger sollten sich deshalb die Marktentwicklung ansehen, bevor sie handeln», so Rüegg.

Indexfonds versus ETF

Kosten Indexfonds

Bei ETF sind neben der Geld-Brief-Spanne auch die Courtage der Bank zu bezahlen. Beide Kostenkomponenten gibt es bei Indexfonds nur vereinzelt – abhängig von der Hausbank. Für die bei der Zeichnung und Rücknahme verursachten Transaktionskosten, werden jedoch Ausgabe- und Rücknahmespreads zugunsten der Fonds erhoben. Dadurch werden die bestehenden Anleger vor Performanceverwässerungen geschützt, erklärt Rüegg.

Gibt nun ein Investor seine Anteile zurück, so muss der Fonds die Wertpapiere verkaufen. Die entstehenden Transaktionskosten muss der Investor bei der Anteilsabgabe berappen, er erhält den NAV-Preis minus den Rückgabespread in Höhe einiger Basispunkte. Die restlichen Kosten werden bei beiden Produkten in der Gesamtkostenquote zusammengefasst. Durch die starken Gebührensenkungen bei ETF geniessen Indexfonds nur noch selten einen Kostenvorteil.

Steuerliche Aspekte

Aus steuerlicher Sicht sind Indexfonds klar im Vorteil, da keine Stempelsteuer anfällt. Bei ETF schon: bei inländischen Wertschriften betragen sie 0,075 Prozent, bei ausländischen 0,15 Prozent. Häufiges Umschichten führt somit zu deutlich höheren Kosten. Indexfonds sind von dieser Umsatzabgabe befreit. Zudem muss bei allen Fonds berücksichtigt werden, dass die Quellensteuer abhängig ist von Fondsdomizil und eventuellen Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Domizilland und dem Land, in dem die zugrundeliegenden Wertpapiere gehandelt werden.

Leerverkäufe

Bei ETF sind Leerverkäufe im Gegensatz zu Indexfonds möglich. Ziel ist es, geliehene Titel leer zu einem höheren Preis zu verkaufen. Nach fallenden Kursen werden sie dann billiger zurückgekauft. Wenn die Strategie aufgeht, entspricht die Differenz dem Gewinn.

Gemischte Lösung

Passive Anlagen sind in der Regel langfristig orientiert, darum können statt ETF auch Indexfonds gewählt werden. Diese sind vor allem für Anleger geeignet, die eine langfristig kosteneffiziente Basisanlage suchen. Auch Rüegg bestätigt, dass die Gesamtkosten der Produkte tiefer sind. Hier entfallen Stempelsteuer, Courtage und Spread, während Indexfonds-Anleger Ausgabe- und Rücknahmegebühren zahlen müssen. Die TER ist bei beiden Produktarten zu bezahlen. Angeboten werden Indexfonds für Privatanleger beispielsweise von der Zürcher Kantonalbank und der Credit Suisse. Beide haben ihr bislang auf Pensionskassen und andere Grossanleger ausgerichtetes Angebot kürzlich auch für Privatanleger geöffnet.

ETF hingegen können für spezielle Strategien, spezielle Märkte oder taktische Massnahmen genutzt werden. Dies auch aufgrund der täglichen Handelbarkeit und weil die Marktabdeckung viel grösser ist. Ratsam ist eine Kombination der beiden Produkte, wie eine Studie von Evercore Pan-Asset (EPA) zeigt. Das Research-Institut nahm 223 europäische ETF und Indexfonds, die in englischen Pensionsfonds verwendet werden, bezüglich Rendite und Kosten unter die Lupe. Dabei zeigte sich, dass das günstigste diversifizierte Portfolio mit passiven Fonds zu 58 Prozent aus ETF und zu 40 Prozent aus Indexfonds bestand.


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