ETF werden smarter

Immer mehr Emittenten erweitern ihr Angebot um aktive Indexfonds. Für Anleger birgt dies Möglichkeiten, das eigene Portfolio um aktive Bausteine zu erweitern. Doch nebst Chancen bringen die Produkte auch neue Herausforderungen mit sich.

Text: Barbara Kalhammer

Immer mehr Emittenten erweitern ihr Angebot um aktive Indexfonds. Für Anleger birgt dies Möglichkeiten,das eigene Portfolio um aktive Bausteine zu erweitern. Doch nebst Chancen bringen die Produkte auch neue Herausforderungen mit sich. Die Zahl der ETF wächst kontinuierlich.

In der Schweiz stehen Anlegern bereits rund 900 Produkte zur Auswahl. Abgedeckt wird eine Vielzahl an Ländern und Regionen. Zusehends beschreiten die Emittenten auch neue Wege und locken mit Innovationen sowie alternativen Indexkonzepten. Oft werden diese mit der Bezeichnung Smart Investing beziehungsweise Indexing oder Smart beta versehen.

Ein Beispiel dafür ist der Euro Stoxx 50 Equal Weight ETF aus dem Hause Ossiam. Getrieben werden solche alternativen Konzepte vor allem von den Entwicklungen der letzten Jahre. Anleger haben erkannt, dass es entscheidend ist, Klumpenrisiken zu vermeiden und eine stärkere Diversifikation zu erzielen.

Arten der Gewichtung

Die meisten Indizes setzen sich nach klassischen Mustern zusammen. Das bedeutet, die Komponenten werden nach der Marktkapitalisierung, also der Grösse des Unternehmens an der Börse, gewichtet. Steigt der Kurs, so gewinnt auch der Titel an Gewicht im Index. Dieses Modell wird seit Längerem kritisiert, da Werte, die sich weniger gut entwickelt haben, aber möglicherweise mehr Potenzial besitzen, ein deutlich geringeres Gewicht erhalten.

Besonders in Abwärtsbewegungen haben Anleger die Nachteile der kapitalgewichteten Indizes zu spüren bekommen. In der DotcomBlase etwa litten die Barometer stark unter der Talfahrt einzelner Titel wie beispielsweise der Aktie von Cisco. Aus diesem Grund wurden in den vergangenen Jahren Indizes geschaffen, die nach anderen Grundsätzen zusammengestellt werden. Das bekannteste Beispiel ist die Gewichtung anhand der Dividendenrenditen. In diese Kategorie fallen auch die RAFI-Indizes von Invesco Powershares, bei denen die Aktien nach fundamentalen Kriterien ausgelesen werden.

Prinzipiell können bei diesen Indexkonzepten drei verschiedene Arten unterschieden werden. Die erste Möglichkeit ist die Gleichgewichtung, bei der alle Werte im Index das gleiche Gewicht erhalten. Bei 100 Titeln beispielsweise würde jeder einen Anteil von einem Prozent haben. Durch diese Methode kann die Diversifikation verbessert werden, da eine Konzentration auf wenige hoch kapitalisierte Aktien verhindert wird. Small und MidCaps erhalten bei dieser Methode mehr Bedeutung, wodurch sich das Chance-Risiko-Profil verbessert.

Die zweite Möglichkeit sind fundamentale Indizes. Hierbei bestimmen Kennzahlen wie das Gewinnwachstum, das Kurs/GewinnVerhältnis, der Buchwert oder eben auch die Dividendenrendite das Gewicht des Titels im Index. Ziel der Indizes ist ein wahrheitsgetreueres Abbild der Realwirtschaft. Durch diese Gewichtung erhalten Substanzwerte ein grösseres Gewicht. Die dritte Art besteht in der Minimum-Varianz-Strategie, dessen Kernthese von Harry M. Markowitz entwickelt wurde. Ziel ist es, durch Minimierung der Volatilität das Gesamtrisiko von Portfolios zu reduzieren.

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Ossiam als Marktführer

Der erste ETF auf einen gleichgewichteten Index stammt aus den USA, er wurde bereits 2003 aufgelegt. Dabei handelt es sich um den Ryder S&P 500 Equal Weight. Mittlerweile sind rund 3 Milliarden Dollar in das Produkt investiert. Das Angebot ist stetig gewachsen und umfasst heute bereits mehr als 50 Produkte.

In der Schweiz bietet der französische Emittent Ossiam aktuell das grösste Angebot an ETF auf alternative Indizes. Das Unternehmen hat sich zum Ziel gesetzt, sich als europäische Marktführer für «Smart beta»Produkte zu etablieren. Angeboten werden ETF auf MinimumVarianz und Equal WeightIndizes für Europa, Amerika und die Emerging Markets. Historisch betrachtet konnten besonders gleichgewichtete Indizes eine bessere Performance erzielen als Barometer, in denen die Unternehmen nach dem Börsenwert gewichtet sind.

So konnte die gleichgewichtete Variante des S&P 500 den Vergleichsindex in den vergangenen fünf Jahren um rund 2 Prozent pro Jahr schlagen. Natürlich ist dies keine Garantie für eine zukünftig bessere Performance. Wie in der Fondsbranche zeigt sich nun auch in der ETFWelt, dass die neuen Konzepte nicht immer eine Mehrrendite liefern. So zeigt der Vergleich mit dem jeweiligen BenchmarkETF, dass nur wenige der Produkte diesen schlagen konnten.

Dazu zählt beispielsweise der Stoxx 600 Equal Weight ETF. Das Angebot der alternativen Indizes beschränkt sich nicht auf die Aktienmärkte. So bietet Lyxor drei ETF auf risikogewichtete Anleihenindizes an. Das Ziel der Barometer ist es, den Anteil hoch verschuldeter Staaten zu verringern. Die Gewichtung erfolgt nach vier makroökonomischen Kriterien: Schuldenquote, Leistungsbilanz, Wachstum des Bruttoinlandprodukts und langfristiger Zinssatz.

Manko Komplexität

Immer komplexere Barometer werden mit ETF abgebildet. Für Anleger ist diese Entwicklung nicht unbedingt von Vorteil, da es für sie immer schwieriger wird, die Produkte und ihre Funktionsweise zu durchschauen. Doch gerade bei Produkten auf alternative Indizes ist es entscheidend, die genaue Indexkonstruktion zu kennen und zu wissen, nach welchen Kriterien die Indexmitglieder ausgewählt werden und wie die Gewichtung erfolgt.

Darüber hinaus verändern sich die Produkteigenschaften, so werden Substanzwerte und Small Caps stärker gewichtet. Besonders Small Caps sind oftmals wachstumsstärker als grosse Konzerne. Sie sind jedoch auch konjunkturabhängiger, womit sich die Risikoeigenschaften verändern. Ausserdem sind die ETF oftmals teurer, da der Handel der kleinen Werte meist aufwändiger ist und darüber hinaus die Indizes öfter angepasst werden. Dennoch widmen sich immer mehr Emittenten den neuartigen Indexkonzepten.

Bei einem Blick über die Schweizer Grenzen zeigt sich: das Angebot an Produkten auf alternative Indizes wächst kontinuierlich. So ist die neue Indexgeneration von Lyxor im Ausland deutlich breiter als in der Schweiz, beispielsweise mit risikobasierten ETF wie dem Lyxor ETF Smartix Euro iStoxx 50 Equal Risk. Im Ausland vertreten sind auch Swiss & Global Asset Management mit den Julius Bär Smart Equity ETF und die UBS mit dem MSCI ACWI Risk Weighted. Einige der Produkte werden in Zukunft ebenfalls in der Schweiz gelistet werden.

Den Grundstein für wietere Angebote hat die Schweizer Börse mit der Berechnung der SMI Risk Control Indizes bereits gelegt. Diese haben Zielvolatilitäten von 5, 10, 15 beziehungsweise 20 Prozent. Um diese Ziele zu erreichen, wird zwischen dem risikobehafteten SMI und dem risikolosen Geldmarkt umgeschichtet. Auch der Anbieter Stoxxhat sein Angebot in diesem Bereich erweitert, nämlich um den Stoxx Europe Low Risk Weighted 100 Index. ETF auf die neuen Barometer lassen bislang aber noch auf sich warten.

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Passiv und doch intelligent

Das Angebot wächst an beiden Enden der Palette. Nicht nur nutzen ETF die Ansätze aktiver Fonds, auch umgekehrt findet diese Entwicklung statt. So bietet beispielsweise Swisscanto Indexfonds an, die zwar passiv verwaltet werden, die Aktien aber ebenfalls intelligent anhand von Unternehmens und Risikokennzahlen auswählen.

Der Trend hin zu smarten passiven Produkten wird sich in Zukunft sicherlich weiter fortsetzen. Es bleibt zu hoffen, dass die zunehmende Komplexität nicht zu Lasten der Transparenz erfolgt.


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