Tricks und Kniffe bei der ETF-Auswahl

Anleger legen das Hauptaugenmerk bei der ETF-Wahl vor allem auf die Kostenseite. Das ist natürlich nicht falsch, doch die Produkte verfügen über viele spezifische Eigenheiten, die bei der Selektion ebenfalls berücksichtigt werden sollten.

Text: Barbara Kalhammer

Die positiven Eigenschaften von ETF sind bekannt. Es kommt jedoch immer wieder zu unschönen Überraschungen, wenn das gewählte Produkt nicht die erwartete Rendite liefert. Die  Gründe dafür sind meist schnell gefunden: Der Selektion wurde zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. In erster Linie werden ETF nach Kriterien wie Gesamtkostenquote (TER ),  Replikationsart, Tracking Error und Geld-Brief-Spanne (Spread) ausgewählt. Doch diese Auswahl greift zu kurz, da die Produkte über weitere Eigenheiten verfügen, die Anleger kennen  und beachten sollten.

Ein besonders wichtiges Kriterium ist die Währung. Zu unterscheiden gilt es dabei die Referenz-, die Fonds-, die Handels- und die Titelkomponentenwährung.  Gemäss Ueli Mettler, Partner bei der c-alm AG , sollte die Handelswährung des Produktes der Heimwährung des Anlegers entsprechen Andernfalls wäre ein Währungswechsel erforderlich, der üblicherweise mit einem Spread von mindestens einem Prozent belastet wird. Ein Schweizer Anleger sollte wenn möglich ein Produkt in seiner Depotreferenzwährung erwerben. Die Fondswährung zeigt, mit welcher Währung in den Fonds investiert wird, und die Bewertung des ETF . Die Handelswährung hingegen bestimmt die Währung für den Börsenhandel.

Bei diesen beiden Währungen handelt es sich jedoch nur um Rechnungswährungen, die keine direkte Auswirkung auf die Rendite des ETF haben. Existiert allerdings ein Devisenunterschied, so kann es durchaus zu Gewinnen oder Verlusten kommen. Dies ist jedoch nicht immer der Fall. In den Produktunterlagen von iShares heisst es beispielsweise: «Die Performance entspricht dem Gesamtertrag in der Fondswährung. Veränderungen der Handelswährung gegenüber der Fondswährung bleiben bei der Berechnung der Wertentwicklung unberücksichtigt.» Wer sich also nicht zusätzlich mit den Entwicklungen der Devisen beschäftigen möchte, kann zu einem währungsgesicherten Produkt greifen. Ebenfalls von Bedeutung ist das titelspezifische Währungsrisiko. Dieses entsteht, wenn der Basiswert eines ETF in Wertpapiere mit verschiedenen Währungen anlegt. So befinden sich  beispielsweise im MSCI WorldTitel aus über zehn Währungsräumen.

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Die Qual der Wahl

Ebenfalls nicht zu vernachlässigen ist die Dividendenbehandlung, die sich bereits über den Index definiert. Bei Preisindizes werden die Dividenden ausgeschüttet und direkt auf dem Konto des Anlegers gutgeschrieben. Zu berücksichtigen ist, dass es keine Regelung gibt bezüglich des  Zeitpunkts der Ausschüttung. Die unterschiedlichen Zeiträume können zu Renditeunterschieden führen. Gemäss der Studie «Unterschiede bei Exchange Traded Funds» von Patrik  Spillmann entsteht ein sogenannter Dividend Drag. Das bedeutet, dass ein ETF die Dividenden nicht immer gleich ausschüttet, sondern bis zum Ausschüttungstag kumuliert. Dadurch verändert sich der Nettoinventarwert (Net Asset Value, NA V), was wiederum die Preisbildung beeinflusst, die sich am NA V orientiert. Das Ansammeln von liquiden Mitteln beim   Dividend Drag führt zu einem Tracking Error. Dieser zeigt sich später in einer Differenz von ETF – und Index-Kurs.

Im Gegensatz zum Preisindex werden die Dividenden bei Performance-Indizes direkt in den Index eingerechnet. Durch die Wiederanlage der Ausschüttungen profitiert der Anleger vom Zinseszinseffekt. Abhängig von der eigenen Investmentstrategie sollte der passende Index gewählt werden. Schätzt der Anleger regelmässige Einnahmen, wird er ein ausschüttendes Produkt wählen. Durch den Zinseszinseffekt eignen sich thesaurierende ETF in der Regel besser für langfristige Investitionen. Bei Performance-Indizes muss zudem unterschieden werden zwischen Total-Return- Net- und Total-Return-Gross-Indizes. Im ersten Fall wird eine mit dem durchschnittlichen Quellensteuersatz belastete Nettodividende hinzugerechnet. Beim Gross-Index wird die Ausschüttung vor Steuern zur Indexrendite addiert. Im günstigsten Fall kann der ETF die gesamte Dividendenbesteuerung zurückholen.

Die Rolle der Steuereffizienz

Ein sehr wichtiger und ebenso komplexer Aspekt ist die steuerliche Behandlung von ETF . So sollten hiesige Anleger ETF auf Schweizer Indizes mit Schweizerischem Fondsdomizil wählen. Gemäss Ueli Mettler sind diese Produkte steuereffizienter, da keine doppelte Besteuerung des Kapitaleinkommens stattfindet. Darüber hinaus würden bei (Sekundär-) Kapitalmarkttransaktionen nur 0,075 statt 0,15 Prozent Stempelsteuerbelastung anfallen. Bei ausländischen Quellensteuern ist das Fondsdomizil entscheidend. «Die Steuereffizienz der ETF ist abhängig von dessen Doppelbesteuerungsabkommen mit den Ländern, aus denen die Wertschriften stammen», erklärt Mettler. So würden US-domizilierte ETF steuerbefreiten Institutionen (vor allem Pensionskassen) die Möglichkeit bieten, ohne Quellensteuerbelastung in amerikanische Wertschriften zu investieren.

Die Auswahl des richtigen Index spielt nicht nur hinsichtlich Dividendenbehandlung und steuerlichen Aspekten eine Rolle. Ebenfalls berücksichtigt werden muss, ob das Thema ausreichend abgedeckt wird und wie gross das  Konzentrationsrisiko ist. Viele Anleger vertrauen dem Namen des Produkts blind, obwohl der Inhalt manchmal ein ganz anderer ist. So  beispielsweise beim MSCI Word, wo sich nicht etwa Titel aus der ganzen Welt und aller Börsen befinden, sondern lediglich aus etwas mehr als 20 Nationen. Zudem nehmen Werte aus den USA mehr als 50 Prozent des Gewichts ein. Eine breitere Abdeckung erreicht der MSCI AC WI (All Country World Index), doch auch hier kommen die USA auf 48 Prozent Anteil. Anleger müssen sich bewusst sein, dass Bewegungen am US -Aktienmarkt einen zentralen Einfluss auf den ETF haben.

Das passende Barometer

Der Index muss so gewählt werden, dass er die Anlageziele bestmöglich umsetzen kann. Konzentrationsrisiken einzelner Aktien, Länder oder Sektoren sind einfach zu erkennen. So auch beim SMI , wo Nestlé, Novartis und Roche mehr als 50 Prozent des Indexgewichts ausmachen. In Indizes wird eine solche Konzentrationsproblematik oftmals durch  Maximalgewichtungen einzelner Titel vermieden. Ein grosses Risiko besteht auch bei Branchen mit wenig beteiligten Firmen, die dem Anleger unsystematische Risiken bescheren. Zudem
können einzelne Sektoren stark von politischen, technologischen oder auch rechtlichen Verwerfungen beeinflusst werden.

Darüber hinaus bestünden aber auch versteckte Konzentrationsrisiken, betont Sascha Freimüller von Dufour Capital. Diese entstehen, wenn ursprünglich diversifizierte Faktoren plötzlich in die gleiche Richtung laufen. Für einen ETF  können ungewollte und heftige Korrekturen nach unten die Folge sein. «Solche Risiken können entstehen, wenn sich zum Beispiel Devisen, Sektoren und Länder beziehungsweise regionale Allokationen überlagern», erklärt Freimüller. Er rät Anlegern dazu, die verschiedenen Allokationen eines ETF zu analysieren und versuchen, mit Stress-Szenarien die Konzentrationsrisiken zu identifizieren und dann entweder gar nicht oder weniger zu investieren. Im aktuellen Umfeld seien solche Risiken häufiger geworden, da sich verschiedene Anlageklassen in die gleiche Richtung bewegen können wie beispielsweise Aktien und Bonds oder auch Rohstoffe.

Zwei verschiedene Anlageklassen

Doch nicht nur hinsichtlich des Index können Kosten gespart und Risiken minimiert werden. Auch bei der ETF-Auswahl gibt es Kniffe. So bietet die UBS beispielsweise zwei Anlageklassen an. Doch was verbirgt sich genau hinter den Zusätzen «A» oder «I»? ETF der Bank werden in mehreren Anteilsklassen angeboten, die meisten tragen dabei einen dieser beiden   Buchstaben am Ende. Die «I»-Klasse verfügt über niedrigereVerwaltungsgebühren und höhere Nettoinventarwerte als «A». Der Grossteil der Order wird ausserdem im OTC (Over-the-Counter)-Handel abgewickelt. Produkte mit dem Zusatz «A» hingegen sind für Privatkunden gedacht. Kosten und Risiken spielen für Anleger eine entscheidende Rolle. Wie der Blick hinter die Kulissen zeigt, können aber beide Faktoren durch eine präzise und gut überlegte ETF-Auswahl positiv beeinflussen werden, was im Portfolio zu einem Mehrwert führt.


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  1. Christoph Glur

    Sehr guter Artikel! Die Unterscheidung zwischen der A-Klasse und der I-Klasse ist jedoch etwas akademisch, da Privatinvestoren meist eh nicht in die I-Klasse investieren können.
    Im Übrigen teile ich die Meinung, dass die Auswahl des Index am wichtigsten ist. Ob man jetzt in ETF X oder ETF Y investiert, ist dann zweitrangig (solange beide denselben Index tracken).
    Eine systematische Liste mit Auswahlkriterien, sowie Verweisen auf Tools, welche bei der ETF-Auswahl helfen können, findet man übrigens im geldberg Artikel ETF Auswahl: Die Qual der Wahl

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