Wertpapierleihe – ein Mehrwert für den Endanleger

Mit Hilfe der Wertpapierleihe können Anleger ihre Renditen erhöhen. Jedoch muss dafür auch ein höheres Risiko in Kauf genommen werden.

Text: Rino Borini

Was steckt hinter der Wertpapierleihe?

Im Detail funktioniert die Leihe folgendermassen: Nehmen wir an, ein Anleger kauft Google-Aktien. Er möchte den Titel zum günstigsten am Markt erhältlichen Preis erwerben. Liegt der Preis eines Wertpapiers über dessen innerem Wert – ich nenne diesen Preis «Mehrpreis» –, wird dieser sofort von den Händlern wegarbitragiert.

Der Händler verkauft dieses Wertpapier, um den Mehrpreis zu verdienen. Weil er dieses Papier aber gar nicht besitzt, muss er es sich zunächst ausleihen. Dafür erwirbt er das Wertpapier am Markt und gibt es bei Fälligkeit an den Verleiher zum preislich attraktiveren Fair Value zurück. Die Differenz zwischen Mehrpreis und Fair Value bekommt er als Entgelt für seine Tätigkeit.

Was sind die Vorteile?

Erstens kann der Anleger den Titel zum günstigsten am Markt verfügbaren Preis erwerben, zweitens verdient der Händler die Differenz zwischen Mehrpreis und Fair Value. Dazu kommt, dass auch der Verleiher des Wertpapiers einen Ertrag generiert. Wertpapierleihe macht Märkte effizienter, da sie mit Liquidität versorgt werden.

ETF sind aufgrund des von der Wertpapierleihe ausgehenden zusätzlichen Kontrahentenrisikos in die Kritik geraten. Was denken Sie zu diesem Thema?

Wer Geld verleiht, geht das Risiko ein, dass der Schuldner das Darlehen nicht zurückzahlen kann. Bei einem gut strukturierten Wertpapierleiheprogramm wird das Gegenparteienrisiko  gemindert, indem verliehene Wertpapiere mit einem Betrag in Höhe von 102–105 Prozent des Werts der ausgeliehenen Titel besichert werden.

Das verbleibende Restrisiko beschreibt die Möglichkeit, dass der Vermittler mit der Ausführung scheitert (in der Abwicklung, im Sicherheitenmanagement, in der Überwachung der Bonität der Leihnehmer et cetera). Jeder, der Fonds mit Wertpapierleihe kauft, sollte sich ein Bild machen von der Erfahrung und Expertise des Vermittlers der Wertpapierleihe. Dies sollte in jedem Fall Bestandteil der Due-Diligence- Prüfung sein.

Wie hoch sind die Erträge bei Wertpapierleihegeschäften? Fliessen sie in voller Höhe den Anlegern zu?

Der Ertrag hängt davon ab, wie hoch die Nachfrage nach den entsprechenden Wertpapieren ist. In der Regel geht die Hälfte des Ertrags aus der Wertpapierleihe in den Fonds. Damit erhöht sich auch der Gewinn für den Anleger. Die andere Hälfte wird vom Vermittler des Leihegeschäfts einbehalten. An die Anteilsinhaber werden aber keine Kosten weitergegeben.

Wie funktioniert die Leihe bei SPDR?

Sie wurde so konzipiert, dass die verbundenen Gegenpartei-, Sicherheits- und operativen Risiken möglichst gering sind. Das Wertpapierleiheprogramm unterliegt einer Prüfung durch State Street Global Advisors sowie durch den Verwaltungsrat des Fonds. Als Vermittler fungiert die State Street Securities Finance. Sie tätigt im Namen des teilnehmenden ETF Wertpapierleihegeschäfte mit zugelassenen Leihnehmern.

Die Darlehen unterliegen einem Wertpapierleihevertrag. Leihnehmer sind verpflichtet, die verliehenen Papiere nach Aufforderung oder am Ende eines vereinbarten Zeitraums durch Wertpapiere gleicher Anzahl und Art zu ersetzen. Vor der Übertragung und während der Laufzeit muss der Leihnehmer Sicherheiten stellen, die den Wert der verliehenen Papiere übersteigen, um seiner Verpflichtung zur Rückgabe der entliehenen Wertpapiere nachzukommen. Während der Laufzeit hat der  Fonds einen vertraglichen Anspruch, das Äquivalent aller Dividenden und sonstigen Ausschüttungen zu erhalten.

Für den Fall eines Ausfalls des Leihnehmers reduziert SPDR ETF  das Gegenparteiausfallrisiko durch die Bereitstellung von Sicherheiten über die State Street Bank and Trust Company.

Rochus Appert ist Head of Intermediary Business bei State Street Global Advisors und verantworlich für das SPDR ETF-Geschäft in der Schweiz
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