Bitcoins ungewisse Zukunft

Bitcoins ungewisse Zukunft Noch immer ist Bitcoin in Medien und akademischen Kreisen ein beliebter Prügelknabe. Die Kritik ist so endlos wie erbarmungslos. Wer sich allerdings intensiver mit den vorgebrachten Einwänden beschäftigt, der merkt: Ein guter Teil der Kritik ist wenig stichhaltig.

Text: Pascal Hügli
Bitcoin Block-Reward

Noch immer ist Bitcoin in Medien und akademischen Kreisen ein beliebter Prügelknabe. Ungerechte Vermögensverteilung, energiefressende Drecksschleuder, Werkzeug von Kriminellen, ein von Minern okkupiertes, nur dem Schein nach dezentralisiertes Netzwerk: Die Kritik ist so endlos wie erbarmungslos.

Wer sich allerdings intensiver mit Bitcoin und den vorgebrachten Einwänden beschäftigt, der merkt: Ein guter Teil der häufig wiederholten Kritik ist wenig stichhaltig. An dieser Stelle soll jener Kritikpunkt behandelt werden, der zurzeit sogar in der Bitcoin-Welt für Kontroversen sorgt. Er betrifft die Unsicherheit, wie zukünftig für die Sicherheit und die Aufrechterhaltung des Bitcoin-Netzwerkes gesorgt wird.

Belohnung und Gebühr

Momentan sind es die zahlreichen Bitcoin-Miner, die das Netzwerk mitsamt der Transaktionshistorie aufrechterhalten. Dafür wenden sie Computerleistung auf, auch Computation genannt. Je mehr Computerleistung das Bitcoin-Netzwerk einzelner Minern vereint, desto höher ist die Hashrate. Als Faustregel gilt: Je höher die Hashrate, desto grösser die Sicherheit und allgemeine Widerstandsfähigkeit des Netzwerkes.

Für das Bereitstellen der Computerleistung werden Miner entgolten. Dafür werden 6,25 neue Bitcoin ausgeschüttet, und zwar an denjenigen Miner, der es als erster schafft, der Blockchain einen neuen Block hinzuzufügen. Das gelingt durchschnittlich alle zehn Minuten. Diese 6,25 Bitcoin stellen die sogenannte Blockbelohnung dar. Zu den Anfängen von Bitcoin war diese Belohnungen noch 50 Bitcoin gross. Vier Jahre nach Lancierung des Bitcoin-Protokolls wurde die «Block-Reward» auf 25 reduziert, nochmals vier Jahre später auf 12,5. Anfangs Mai dieses Jahres kam es erneut zur langersehnten Halbierung der erzeugten Bitcoin-Menge.

Die Frage, die sich bei jedem weiteren Halving aufdrängt: Wie sollen sich die Bitcoin-Miner einmal finanzieren, wenn die Blockbelohnung kaum mehr existiert? Die Antwort sind Transaktionsgebühren. Sie sind der zweite Faktor, an denen Miner verdienen. Jeder neue Block umfasst eine gewisse Anzahl Transaktionen. Wie viele es sind, hängt von der jeweiligen Bytegrösse der einzelnen Transaktionen ab – im Durchschnitt sind es etwa 2000 Transaktionen pro Block.

Gebührenmarkt gesucht

Bitcoin-Transaktionen enthalten heute eine Gebühr, die bei den meisten Bitcoin Wallets von den Nutzern bestimmt werden kann. Mit der Transaktionsgebühr bietet man gewissermassen um einen Platz in der Blockchain, dem sogenannten Blockspace. Je höher das Angebot, desto wahrscheinlicher ist es, dass die Miner die Transaktion unverzüglich in der nächsten Blockchain mitaufnehmen.

Interessanterweise war das nicht immer so: In den frühen Tagen wurden auch gebührenlose Transaktionen in die Blockchain mitaufgenommen. Das Bitcoin-Netzwerk hat sich somit entwickelt und den neuen Gegebenheiten – einer grösseren Nachfrage nach Blockspace – angepasst. Das nährt die Hoffnung, dass sich in Zukunft ein immer lebendiger Gebührenmarkt entwickeln kann, der letztlich den Verlust der Blockbelohnung wird wettmachen können.

Noch macht die Blockbelohnung den weitaus grösseren Teil der Miner-Einkünfte aus. Als Kompensation für die sinkende Blockbelohnung werden das tägliche Transaktionsvolumen und damit vor allem auch die Höhe der Transaktionsgebühren steigen müssen.

Kritische Stimmen glauben, dass sich hier die Achillesferse des Netzwerkes offenbart. Dass sich Bitcoin direkt in eine Sackgasse manövriert: Steigen die Transaktionsgebühren nicht nachhaltig an, bietet das Mining nicht mehr genügend Anreize, das Bitcoin-Netzwerk aufrechtzuerhalten. Ziehen hingegen die Gebühren stark an, nimmt die Attraktivität Bitcoins als Transaktionsnetzwerk ab.

Ungewisstheit pur

Als sogenannte «Savings Technology» ist Bitcoin für den Langzeithalter, den Hodler geschaffen. Ein Netzwerk, das seinem Wesen und seiner Idee nach das «Hodln» gegenüber dem «Transacting» priorisiert, für seine Sicherheit und Aufrechterhaltung jedoch immer mehr auf letzteres angewiesen sein wird – das kann in der Tat den Anschein erwecken, als ob ein inhärenter Widerspruch vorliegt.

Natürlich handelt es sich bei solchen Überlegungen bloss um Theorie. So hat sich bei Bitcoin schon oft gezeigt: Was gemäss Theorie nicht funktionieren kann, funktioniert in der Praxis dennoch. Dass sich ein ausreichender Gebührenmarkt entwickelt, Miner auch ohne Blockbelohnung weiterhin Anreize zur Aufrechterhaltung des Bitcoin-Netzwerkes haben werden und Bitcoin insgesamt auch künftig über ein optimales Sicherheitsbudget verfügen wird, ist keinesfalls auszuschliessen.


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