Aktienmärkte im Belagerungszustand

Das Coronavirus infizierte auch die Aktienmärkten. Die Marktunsicherheiten verleihen der Krisenwährung Gold dafür zu neuem Glanz. Wie könnte es an den Märkten weitergehen?

Text: Adriano B. Lucatelli*

Die weltweite Ausbreitung des Coronavirus hat die globalen Börsen in die Knie gezwungen, und die Anleger flüchteten in sichere Häfen wie Schweizer Franken, Gold, Dollar und Staatsanleihen. Die Nervosität scheint weiterhin anzusteigen. So ist das Angst-Barometer VIX um über 100 Prozent auf knapp 40 gesprungen, und in den USA führte die Korrektur zur schlechtesten Handelswoche seit 2008.

Wie sehen die Zukunftsperspektiven aus? Die Gewinne werden dieses Jahr wohl deutlich niedriger ausfallen als 2019. Dennoch gehen wir davon aus, dass sich die Aktienmärkte aufgrund der zu erwartenden geldpolitischen Lockerung bald wieder erholen werden. Dies nicht zuletzt, weil die Auswirkungen des Coronavirus in Europa spätestens im April merklich abflachen dürften. Bis dahin ist aber weiterhin mit sporadischen Marktrücksetzern zu rechnen. Für die zweite Jahreshälfte rechnen wir aber wieder mit positiven Märkten.

Bei den Anleihenmärkten werden wir uns auf «lower for longer» einstellen müssen. Hinzu kommt, dass die Epidemie die Renditen negativ beeinflusst. So weisen zum Beispiel alle deutschen Staatsanleihen inzwischen negative Renditen auf, und die 30-jährigen Treasuries sinken immer tiefer ins Allzeittief.

Zinsflaute beflügelt Gold

Die Marktteilnehmer erwarten, dass die US-Notenbank die Konjunktur mit Leitzinssenkungen anzukurbeln versuchen wird. In diesem Fall würden wir in den nächsten Wochen wohl eine Abschwächung des US-Dollars gegenüber dem Euro und dem Schweizer Franken sehen.

Die Zinsflaute und die Unsicherheiten um das Coronavirus haben den Goldkurs beflügelt. Die Preise kletterten kurz auf ein Siebenjahreshoch von über 1’650 Dollar pro Unze. Dieser Trend dürfte vorerst anhalten, obwohl Gold überkauft erscheint.

Die Ölpreise bleiben weiterhin unter Druck. Dies ist einerseits darauf zurückzuführen, dass die USA so viel Öl wie nie zuvor fördern, andererseits darauf, dass das Coronavirus die Nachfrage einbrechen lässt. Wir erleben deshalb gegenwärtig einen weltweiten Lageraufbau, auf den die Opec, unterstützt von Russland, mit einer Drosselung der Produktion reagieren dürfte. Dies wird aber kurzfristig kaum ausreichen, um das schwarze Gold wieder auf Kurs zu bringen.

*Der Ökonom Adriano B. Lucatelli ist Mitgründer und Geschäftsführer von Descartes Finance und Descartes Vorsorge, den führenden Schweizer digitalen Finanzdienstleistern. Zudem ist er Verwaltungsrat von Merlini Finance AG.


Disclaimer: Die gemachten Prognosen und Aussagen über die Finanzmärkte widerspiegeln die persönliche Meinung von Adriano B. Lucatelli zum Zeitpunkt der Veröffentlichung und können sich jederzeit verändern. Verweise auf bestimmte Wertpapiere, Vermögensklassen oder Finanzmärkte dienen nur zu Illustrationszwecken und sollten nicht als Beratung oder Empfehlung in Bezug auf den Kauf oder Verkauf von Wertpapieren verstanden werden.


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  1. Jordna

    Verrückte Zeiten.-Ich hoffe dass alle das Vertrauen haben an ihren Investitionen festzuhalten und sie nicht zu liquidieren.

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