Die Mär von den Indexanpassungen

Alle Jahre wieder gibt es Indexanpassungen, was stets Kritiker auf den Plan ruft. Hier eine kurze Abhandlungen zu den gängigsten Missverständnissen.

Text: Pascal Hügli

Selbst in Zeiten monetärer Verzerrung und geldpolitischer Gleichschaltung gilt: Märkte sind dynamisch. Aktien gewisser Unternehmen gewinnen an Wert, andere verlieren an Boden. Um dieser Tatsache Rechnung zu tragen, werden Indizes von Zeit zu Zeit angepasst: Darbende Unternehmen fliegen raus und werden von erfolgreichen ersetzt. So wird sichergestellt, dass Anleger stets in Unternehmen investieren, die auf lange Frist Mehrwerte schaffen.

Wenn Indizes neu kalibriert werden, sind Kritiker meist nicht weit. Ihre Hauptkritik: Indexanpassungen führen zu ungleich langen Spiessen, da findige Vermögensverwalter die Zeit zwischen Bekanntgabe und Indexanpassung ausnutzen könnten. Passive Fondsanbieter hingegen haben den vordefinierten Termin abzuwarten, was für sie einen Nachteil darstelle. Diesem Argument liegt allerdings eine falsche Prämisse zugrunde: Mit der Bekanntgabe der Indexanpassung kommen nicht gänzlich neue Informationen in den Markt. So gibt es für jeden Index eine Methodologie. Anhand dieser und den zusätzlichen öffentlichen Marktdaten lassen sich Selektionslisten erstellen.

So lassen sich wahrscheinliche Anpassungen, also die Aufnahme neuer Aktien oder die Auslistung bestehender Titel, abschätzen. Mithilfe dieser für jedermann zugänglichen Informationen können Marktteilnehmer mögliche Anpassungen antizipieren und sich daher bereits vor der Bekanntgabe positionieren. Doch haben ETF-Anbieter auch die Möglichkeit, zwischen der Bekanntgabe und der tatsächlichen Anpassung zu reagieren? Aufgabe eines ETF ist es, den Index möglichst genau abzubilden. Das bedeutet aber nicht, dass er nicht zeitweise etwas abweichen kann. So haben ETF-Emittenten etwas mehr Spielraum bei der Allokation ihres Portfolios. Dieser ermöglicht es ihnen, bei Bedarf neu zu allozieren. Etwa dann, wenn sie erwarten, dass ein Titel aus dem Index entfernt werden könnte und sie diesen deshalb abverkaufen.

Wie die Wirklichkeit zeigt, finden solche kalkulierenden und einschätzenden Umschichtungen bei Vermögensverwaltern und ETF-Anbietern im Vorfeld einer Indexanpassung tatsächlich statt. Wäre das nicht der Fall, so wäre aufgrund der grossen Anzahl aggregierter Verkäufe in der Tat ein grosser Preisabwärtsdruck auf einzelne Aktientitel auszumachen. Genauso würden Massenkäufe bei Indexeinsteigern den Preis in die Höhe schnellen lassen. Weder das eine noch das andere ist an Stichtagen auf den Märkten auszumachen. Wäre es aufmerksamen Vermögensverwaltern möglich, eine jede Indexanpassung vollends auszunutzen, müsste die Mehrzahl aktiver Fonds besser dastehen als ihre passiven Wettstreiter. Wie wir aus der Realität wissen, ist auch das nicht der Fall.

Hintergrund – Strikte Methodologie

Weltweit gibt es über 3,7 Millionen Wertpapierindizes. Diese enorme Zahl verdeutlicht, wie stark indexorientiertes Investieren an Bedeutung gewonnen hat. Da hinter jedem passivem Anlageprodukt ein Index mit einem klaren Regelwerk steckt, profitieren Anleger von Transparenz und Einfachheit. Diese Barometer werden regelmässig auf unterschiedliche – in einem Reglement klar definierten – Kriterien geprüft. Beispielsweise die Marktkapitalisierung, die Zahl ausstehender Aktien, der Free-Float-Anteil oder die Gesamtliquidität. Genügen die Aktientitel diesen Faktoren nicht mehr, werden die Wertpapiere in ihrer Gewichtung angepasst oder gar komplett ersetzt.

Aus Sicht der Anbieter ist es wichtig, sich bestmöglich auf Anpassungen eines Indexkorbes vorzubereiten. Bei den nötigen Rebalancierungen gilt es einerseits, die anfallenden Transaktionskosten tiefzuhalten, anderseits muss der Index möglichst genau abgebildet werden. Für ETF-Emittenten stellen Indexanpassungen somit keine Überraschungen dar: Schon Tage oder gar Wochen vor den eigentlichen Anpassungen werden die Effekte von Verkäufen beziehungsweise Käufen einzelner Titel mithilfe von Computersimulationen getestet. Auf diese Weise sind sie auf alle möglichen Szenarien vorbereitet.


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