«Disziplin ist unabdingbar»

An den Aktienmärkten herrscht Kauflaune – die lange Liste der globalen Gefahrenherde wird oft ausgeblendet. Fondsmanager Juan Mendoza spricht über die speziellen Tücken der Sommermonate und wie Anleger am besten mit dieser Situation umgehen.

Text: Rino Borini
Juan Mendoza

Juan Mendoza, zahlreiche Krisenherde beschäftigen die Märkte, doch die Aktienindizes steigen unaufhaltsam. Sollten kurzfristig orientierte Anleger vor diesem Hintergrund auf die Käuferseite wechseln?

Da die Aktienmärkte seit Jahresbeginn bereits ein zweistelliges Plus erzielt haben, erscheint es ratsam, während der Sommermonate diversifiziert zu bleiben und Vermögenswerte zu halten, die wenig korreliert sind. Die Renditeerwartungen der ersten sechs Monate auf das Gesamtjahr hochzurechnen, käme einem Blue-Sky-Szenario gleich, bei dem der Handelskrieg ein Ende findet, die US-Notenbank Fed die Zinssätze senkt und geopolitische Konflikte gelöst werden. Geht man davon aus, dass dies nicht der Fall ist, werden Anleger weiter mit erhöhten Schwankungen konfrontiert sein.

Hat die Volatilität auch ihr Gutes?

Natürlich. Sie eröffnet Chancen, Renditen und Alpha zu generieren, sofern Investoren einen disziplinierten Ansatz mit strikten Kauf- und Verkaufsregeln befolgen.

Die Sommermonate gelten an der Börse als Sauregurkenzeit. Wie berücksichtigen Sie das in Ihrem Fonds?

Die Sommermonate sind typischerweise volatil und bieten einen guten Einstieg in qualitativ hochwertige Unternehmen wie LVMH, Starbucks oder Apple, die in den vergangenen Jahren weit überdurchschnittliche Renditen erwirtschaftet haben. Wir werden im Sommer die defensiven Titel schrittweise reduzieren, um die Volatilität zu nutzen. Dabei werden wir Positionen in Sektoren wie Athleisure, also sportliche Freizeitbekleidung, Gesundheit und Bildung ausbauen, die von strukturellen Wachstumstrends getragen werden.

Wie positionieren Sie Ihren Fonds?

Mit unserer Global-Prestige-Strategie investieren wir einerseits in zyklische Sektoren wie Kon-sumgüter und Informationstechnologie, anderseits in defensive Branchen wie Basiskonsumgüter. Angesichts der potenziellen Marktrisiken ist ein Drittel des Anlagekapitals in defensive Aktien wie Procter & Gamble oder Nestlé investiert. Zudem nutzte der Fonds die Volatilität und erhöhte den Anteil qualitativ hochwertiger Basiskonsumgüterhersteller am Jahresende von rund 13,5 Prozent auf 33,6 Prozent. Das hat sich ausgezahlt: Seit Beginn dieses Jahres haben wir defensive Titel im Fondshoch gewichtet und auf Eurobasis eine annualisierte Rendite von 28,8 Prozent erzielt. Der Vergleichsindex MSCI Weltindex erreichte nur 20,7 Prozent.

Was waren Ihre erfolgreichen Käufe in diesem Jahr?

Unsere Top Picks in diesem Jahr waren Li Ning und Fila Korea, zwei Unternehmen aus der Freizeitbranche. Li Ning ist eine führende Sportmarke auf dem chinesischen Festland und Fila Korea ist eine Sportmarke in Südkorea, die sich auf die Generation Z und Millennials konzentriert. Beide Unternehmen wachsen zweistellig, sind immun gegen den Handelsstreit zwischen den Vereinigten Staaten und China und profitieren von globalen strukturellen Wachstumstrends.

Welche Aktien schauen Sie sich derzeit genauer an?

Wir favorisieren die Bereiche gesundes Leben sowie Bildung und werden in den kommenden Wochen weiter in diesen Sektoren investieren. Beide Segmente wachsen weltweit zweistellig und profitieren von der Kaufkraft der Millennials und der Generation Z, die allein in China 500 Millionen Konsumenten ausmachen.

An vielen Börsen gab es den besten Juni seit mehreren Jahrzehnten. Was sollten Inves-toren in dieser Marktphase beachten?

Es ist überaus wichtig, an seiner Anlagestrategie festzuhalten, um Fehler zu vermeiden. Ein ausgeprägtes Risikomanagement ist dabei unabdingbar. Der Schlüssel liegt in der Bewertung des Gesamtrisikos.

Was halten Sie vor diesem Hintergrund für besonders wichtig?

Von zentraler Bedeutung ist ein monatliches oder vierteljährliches Rebalancing des Portfolios. In volatilen Marktphasen sollten Anleger ihrem Portfolio unkorrelierte Vermögenswerte beimischen.

Zum Beispiel?

Unsere Global Prestige Strate-gie beispielsweise ist seit Beginn des Jahres in chinesische A-Aktien investiert, die eine sehr geringe Korrelation zum MSCI World aufweisen. Essenziell ist darüber hinaus eine konsequente Verkaufsdisziplin. Im Rahmen unserer Fondsstrategie veräussern wir eine Position, sobald wir den Zielpreis erreichen oder der Titel mehr als fünf Prozent des Fonds ausmacht. Ebenso trennen wir uns von Unternehmen, die unsere Ansprüche an Nachhaltigkeit nicht mehr erfüllen.

Was halten Sie von Termingeschäften oder Hebelprodukten, um die Performance zu verbessern?

In unserem Fonds verwenden wir keine Hebelprodukte. Derivate setzen wir allenfalls ein, um Währungen oder gewisse Marktrisiken abzusichern.

Was würden Sie Anlegern zudem ins Stammbuch schreiben?

Anleger sollten eine Einkaufsliste führen und erst dann kaufen, wenn der Kurs erreicht wird, den sie zu zahlen bereit sind. Last but not least kann es sein, dass gewisse Momentum-Indikatoren in Phasen höherer Schwankungen nicht funktionieren. Daher ist es wichtig, in qualitativ hochwertige Unternehmen zu investieren, mit denen man vertraut ist. Die aktuelle Marktphase ist der falsche Zeitpunkt, um zu experimentieren und von den Handelsregeln im Anlageprozess und im Risikomanagement abzuweichen.

*Juan Mendoza ist seit 2008 Manager des Global Prestige Fund von Lombard Odier Investment Managers.


sentifi.com

Top 10 meistdiskutierte Werte



Kommentar schreiben

  • (will not be published)