Elefanten galoppieren nicht

Es gibt weltweit kaum ein Börsenbarometer, das eine derart hohe Konzentration von drei Titeln aufweist wie der SMI Index. Dies ist nicht nur Gefahr, sondern kann für Stabilität sorgen. Trotzdem: Den Renditekick gibts auf den Nebenschauplätzen.

SPI Extra

Die britische Investorenlegende Jim Salter meinte einmal lapidar: «Elephants don’t gallop.» Damit brachte er zum Ausdruck, dass für ein kleines Unternehmen einfacher ist, seine Grösse und damit auch den Wert zu verdoppeln als für ein Börsenschwergewicht. Dass diese Aussage keine Floskel ist, sondern der Tatsache entspricht, zeigt sich auch im Schweizer Aktienmarkt.

Der Erfolg der Schweizer Börse wird meistens anhand des Swiss Market Index (SMI) dargestellt. Der SMI umfasst die 20 grössten Schweizer Aktien, doch das Barometer steht und fällt mit den Kursentwicklungen der Giganten Nestlé, Roche und Novartis. Die drei Schwergewichte bestimmen 62 Prozent des Index.

Eine solch starke Konzentration ist weltweit einzigartig. Damit ein Barometer auch auf internationalem Parkett Anerkennung erhält, dürfen die Komponenten maximal mit 20 Prozent gewichtet sein. So verlangt es die europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA in ihren UCITS-Richtlinen. Die SIX Swiss Exchange hat aus diesem Grund eine Titelbeschränkung eingeführt: Ist die Börsenkapitalisierung eines Titels zu hoch, fliesst die Performance dieses Werts nur bis zu 20 Prozent in die Berechnung des SMI Index mit ein.

Defensive Qualitäten

20 Prozent ist aber immer noch sehr viel, zudem das Barometer kein repräsentatives Abbild der Schweizer Wirtschaft liefert. Das den Index dominierende Trio bestreitet nur einen geringen Teil ihres Umsatzes in der Schweiz. Investoren setzen mit diesen Dividendenpapieren also eher auf die globale Konjunkturentwicklung, statt den Schweizer Markt. Dennoch: Nestlé, Roche und Novartis haben in den letzten Jahrzehnten viel zur guten Performance der Schweizer Börse beigetragen. Vor allem erzielen sie stabile Erträge und liefern nach wie vor attraktive Dividendenrenditen um die drei Prozent.

Diese defensiven Qualitäten sind Balsam auf die Seele, wenn an den Finanzmärkten Unsicherheit herrscht. Das konnte nach dem Platzen der Dotcom-Blase im Jahr 2002 wie auch während der Finanzkrise 2008 beobachtet werden – und nun auch im Zuge der Corona-Krise. Während andere Standard-Indizes im März rasant abstürzten, betrug das Minus im SMI – gemessen am Rekordhoch von 11‘270 Zählern – lediglich 26 Prozent. Der Nebenwerteindex SPI Extra gab beinahe 31 Prozent nach.

Ein besseres Abbild der Schweizer Wirtschaft liefert jedoch der Swiss Performance Index (SPI), der nebst den SMI-Titeln rund 200 mittel- und kleinkapitalisierte Unternehmen abbildet. Doch auch in diesem Barometer beträgt der Anteil der drei Giganten Nestlé, Roche und Novartis mittlerweile mehr als 50 Prozent. Das ist vielen SPI-Investoren nicht bewusst.

SPI Extra im Vergleich

Ungenügende Diversifikation

Dieses Übergewicht ist für Anleger Fluch und Segen zugleich. Im aktuellen Umfeld, das geprägt ist von Unsicherheiten, bieten diese Schwergewichte zwar einen sicheren Hafen. Doch sie sorgen gleichzeitig dafür, dass viele Anleger-Depots, die mit ETF und Indexfonds auf den SMI ausgestattet sind, eine ungenügende Diversifikation und somit ein hohes Klumpenrisiko aufweisen.

Für mehr Diversifikation und mehr Renditemöglichkeiten müssen Anleger ihren Blickwinkel auf Nebenschauplätze werfen – so wie den SPI Extra Index (SPIEX). In diesem sind alle Werte aus dem SPI enthalten, die 20 Schwergewichte aus dem SMI sind jedoch ausgeschlossen. Dieser Index überzeugt in mehrfacher Hinsicht.

Diversifikation: Der Nebenwerte-Index SPIEX weist unter den Schweizer Aktienindizes die beste Diversifikation über die verschiedenen Sektoren der Schweizer Wirtschaft auf. Zukunftsträchtige Firmen im Bereich der Digitalisierung sind beispielsweise im SPIEX mit rund zehn Prozent gewichtet, in den beiden anderen Barometer sind es nur rund zwei Prozent.

Wachstum: Viele der im SPI Extra enthaltenen Firmen haben – trotz Corona-Krise – attraktive Wachstumsaussichten. Diese Firmen sind oft familiengeführt und zeichnen sich durch schnelle Entscheidungswege aus. Dadurch sind sie agiler und können sich schneller auf neue Marktgegebenheiten ausrichten. Zudem profitieren viele der Small- und Midcaps von soliden Bilanzen, geringer Verschuldung und einem ausgeprägten Kostenbewusstsein.

Rendite: Über die letzten 15 Jahre schlug der SPIEX den SPI im Durchschnitt um über drei Prozentpunkte pro Jahr. Noch eindrücklicher ist die Performance im Vergleich der letzten 20 Jahre: Eine Investition in das Nebenwerte-Barometer hat bis heute 50 Prozent mehr Rendite erwirtschaftet als ein Investment in das Bluechip-Barometer SMI (inklusive Dividende).

Was Anleger tun sollten

Investoren stehen somit vor einem Dilemma. Investieren sie in das Leitindex SMI, profitieren sie zwar von der defensiven Qualität der drei Indexschwergewichte Nestlé, Roche und Novartis, gehen jedoch ein enormes Klumpenrisiko ein. Insofern ergänzen sich der SMI, der die 20 grössten Titel abdeckt, und der SPI Extra, der die restlichen Titel abdeckt, ideal. So ist in Anleger immer in alle Schweizer Titel investiert.

Dabei gilt: Je kleiner dabei der Anteil des SMI, umso mehr reduziert er die Klumpenrisiken. Durch die höhere Gewichtung der volatileren Nebenwerte steigt das Risiko – dafür aber auch die erwartete Rendite des Gesamtportfolios.

Indexfonds auf Nebenwerte

Inzwischen ist auch eine breite Palette kostengünstiger Indexfonds und ETF auf diese Barometer erhältlich. An der Schweizer Börse finden Anleger jedoch nur ETF auf den SMI und den SPI – Blackrock und UBS haben diese Indizes abgebildet. Um den breiten SPI Extra abzubilden, haben verschiedene Vermögensverwalter Produkte im Angebot, unter anderem Credit Suisse, Swisscanto oder Pictet. Im aktiven Fondsbereich ist das Angebot noch grösser: Über 200 Fondklassen, die Schweizer Nebenwerte abbilden, stehen zur Verfügung.

Für eine erste Analyse kann ein Investor die historische Renditeentwicklung herbeiziehen. Die Frage lautet: Schafft es ein aktiver Fondsmanager über eine längere Periode, den breiten SPI Extra Index zu schlagen, und das nach Kosten? Zudem lohnt sich auch ein Blick auf das Fondsmanagement: Wie lange ist der Fondsmanager schon dabei?
Die Schwierigkeit für einen Anleger besteht darin, den richtigen Fondsmanager zu selektieren, denn das zählt letztlich.


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