Kolumne
Availability Bias
Mojmir Hlinka ist Direktor von AGFIF International in Zürich

Gold: Geld oder Geist?

Die Inflation bereitet seit über einem Jahr Sorgen – aber das Sorgenbarometer Goldpreis steigt nicht. Der Mythos Gold als Hort der Sicherheit wird dennoch immer wieder neu belebt. Dabei wussten es schon die Weisen im Altertum besser.

Der Krieg in der Ukraine, die Inflation, steigende Zinsen, Rezessionsängste: Die Märkte sind im Krisenmodus. Und im Informationszeitalter der fortdauernden Krisenbewirtschaftung stolpern  Anlegerinnen und Anleger in die typische Psychofalle des sogenannten «Availability Bias» – den Verfügbarkeitsfehler. Der äussert sich in meinem täglichen Kontakt mit Kundinnen und Kunden so: «Sollten wir das Aktienportfolio nicht etwas umschichten? Also Gold kaufen? Gold bietet doch Schutz und Sicherheit.»

Die Konnation von «Krise und Inflation» mit «Gold» ist ein Klassiker unter den Availability Biases im Zusammenhang mit wirtschaftlichen Depressionen.

Und es stimmt: Gold hat sich über mindestens sieben Jahrtausende als Tausch- und Wertaufbewahrungsmittel bewährt. Als Investment war die herausragende Eigenschaft von Gold seine Unabhängigkeit gewesen: Crashten die Aktienmärkte zeigte sich der Goldpreis unbeeindruckt. Crashten Währungen und entwertete die Inflation Vermögen, war das Gold der Zufluchtsort.

Kaufen wir bei AGFIF International nun also auf Teufel komm raus Gold? Nicht doch. Krisen und inflationäre Phasen sind im Zeitalter der Dominanz der Notenbanken und der globalisierten Finanzmärkte immer rascher vorüber gewesen, als dass Gold die Projektion des Rettungsankers für die Vermögenssicherung hätte umsetzen können.

Wir halten es mit dem römischen Schriftsteller Plautus, der den Mythos Gold schon im Altertum mit dem Spruch entzauberte: «Lieber will ich mit Geist geschmückt sein als mit vielem Gold.» Oder etwas anders gesagt: Gold kann jeder im Garten unter dem Baum vergraben. Bei AGFIF International bevorzugen wir ein überlegtes und risikoadjustiertes Investieren von Kundengeldern an den Finanzmärkten.

Aber Plautus’ Spruch hat auch in anderer Hinsicht einen hohen Realitätsbezug: Während die einen Notenbanken mit von Aktivismus geprägten, hysterischen Zinserhöhungen die Inflation in den Griff bekommen wollen, kaufen andere Zentralbanken tonnenweise Gold.

Nimmt man die aufgrund der Corona-Pandemie aufgetretenen Lieferketten-Probleme sowie die kollabierenden Gas – und Ölpreise in die Rechnung auf, wird jedem klar: Das Vorgehen der Notenbanken kann nicht zielführend sein.

Interessanterweise zeigt sich am aktuellen Goldpreis der Availability Bias nicht: Die immer wieder geschürte Angst vor einer Dollarentwertung greift nicht – der Goldpreis stagniert.

Plautus’ Geist scheint über das Gold zu dominieren. Man rechne: Wer im Jahre 1900 für einen Dollar Gold gekauft hätte, sässe heute auf einem Gewinn von 99 Dollar. Hätte man diesen Dollar aber in den bekanntesten Aktienindex der Welt, den Dow Jones investiert, wären es heute satte 650 Dollar. Doch das Entscheidende kommt noch: Berücksichtigt man die Dividenden, wären es über 2’000 Dollar!

Spätestens an dieser Stelle kollabiert jeder Vergleich zwischen Gold und Aktien und die Frage nach dem Inflations- und Vermögensschutz dürfte klar beantwortet sein. Wir bei der AGFIF International sehen es wie die amerikanische Banker-Legende John Pierpont Morgan, der sagte: “Gold ist Geld und nichts anderes”. Ein gut aufgestelltes Aktien-Depot war, ist und wird immer das beste Fundament für die Zukunft sein.

*Mojmir Hlinka ist Direktor von AGFIF International in Zürich, dem einzigen Schweizer Vermögensverwalter, der seine Anlagestrategie konsequent auf der Behavioral-Finance-Theorie abstützt. Hlinka ist Eidg. dipl. Finanz- und Anlageexperte AZEK und Mitglied der Swiss Financial Analysts Association.


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