Kolumne
Lutz Johanning   Professor für empirische Kapitalmarktforschung

Indizes – Basis der Kapitalanlage

Indizes spielen eine immer wichtigere Rolle. Der Professor für empirische Kapitalmarktforschung widmet sich der Bedeutung der Barometer und ihrer wichtigsten Eigenschaften.

Das Investment Company Institute schätzt das Ende 2015 weltweit in regulierten, offenen Fonds investierte Vermögen auf über 37 Billionen Dollar. Ein Grossteil der Kapitalanleger orientiert sich dabei an Indizes als entsprechende Vergleichsmassstäbe. Ein Index beschreibt die Wertentwicklung eines Korbes von Wertpapieren, die nach bestimmten Regeln ausgesucht und gewichtet werden.

Bei der Indexkonstruktion ist die Art der Gewichtung der Bestandteile von besonderer Bedeutung. Häufig werden die einzelnen Titel nach Höhe ihres Marktwerts gewichtet. Es gibt aber auch gleich- und fundamentalgewichtete Indizes. Letztere basieren auf Erkenntnissen der Kapitalmarktforschung. So wurde beispielsweise festgestellt, dass niedrig bewertete Unternehmen in der Zukunft im Durchschnitt eine Überrendite erzielen. Bei einer fundamentalen Gewichtung können Wertpapiere mit geringerem Marktwert ein höheres Gewicht als in der klassischen Marktwertgewichtung erhalten.

An der fundamentalen Gewichtung wird deutlich, dass die Indexkonstruktion eine aktive Anlageidee ist. Aber selbst eine Marktgewichtung impliziert eine aktive Anlageentscheidung. Implizit erwarten die Anleger, dass in der Vergangenheit stark gewachsene Unternehmen auch in der Zukunft erfolgreich bleiben werden. Das zeigt, dass viele als passiv bezeichnete Produkte auf markt- oder fundamentalgewichtete Indizes tatsächlich aktive Anlagestrategien sind.

Indizes erfüllen vier Funktionen. Erstens dienen sie Anlegern als Marktindikatoren, sie informieren also über die Renditeentwicklung eines bestimmten Segments. Zweitens sind sie oft die Benchmarks für Anlageprodukte. Um den Mehrwert des Fondsmanagements korrekt zu messen, sollten sie deshalb als Performance- und nicht als reine Kursindizes berechnet werden. Drittens haben sie eine Vermögensplanungsfunktion, da die strategische Asset Allokation auf Basis von Indizes geplant wird. Schliesslich sind sie ein Investitionsvehikel, Anleger können mit strukturierten Produkten oder ETF direkt in den Index investieren. Die Basiswerte des Index müssen dann aber selbst investierbar sein.

Aufgrund der gestiegenen Bedeutung der indexorientierten Anlage ist es nicht überraschend, dass die Regulatoren Indexanbieter und -konstruktionen genauer unter die Lupe nehmen. So verabschiedete das EU-Parlament am 28. April eine neue Verordnung über finanzielle Benchmarks. Demnach müssen Benchmark-Anbieter zugelassen und registriert werden sowie eine Erklärung veröffentlichen, welche Ziele und Probleme mit der Benchmarkmessung einhergehen. Dazu müssen präzise Daten in ausreichender Menge verwendet werden, so dass die wirtschaftliche Realität genau abgebildet wird.

An die Organisation von Anbietern von kritischen Benchmarks – Indizes, die als Bezugsgrösse von Finanzprodukten mit einem Gesamtwert von mehr als 500 Milliarden Euro dienen oder von systemischer Relevanz sind – werden gesonderte Anforderungen zur Vermeidung von Interessenskonflikten gestellt. Bevor die Verordnung in Kraft tritt, müssen Details in Regulatorischen Technischen Standards erarbeitet werden. Insgesamt zeigt sich, dass die Verordnung genau solche Aspekte regulieren will, auf die auch Anleger schauen sollten.


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