Mythos Market Timing

Mit dem optimalen Einstiegszeitpunkt versuchen Anleger, ihre Renditen zu steigern. Auch wenn das gemäss Studien schwierig ist, sollte die Strategie nicht völlig abgeschrieben werden.

Text: Barbara Kalhammer

Das Ziel, den Markt zu schlagen und hohe Gewinne zu erzielen, versuchen Anleger mit den unterschiedlichsten Strategien zu erreichen. Besonders beliebt sind Market Timing und Stock Picking. Bei der zweiten Strategie versucht man, mittels detaillierter Analyse diejenigen Titel auszuwählen, von denen eine bessere Performance als jene des Gesamtmarktes erwartet wird.

Market Timing versucht hingegen, durch den Kauf oder Verkauf eines Titels zum optimalen Zeitpunkt die Gewinnchancen zu erhöhen. Dies setzt voraus, dass Anleger die Richtungsänderungen des Marktes vorhersehen. Dazu werden fundamentale und technische Analysen eingesetzt. Doch bringt Market Timing wirklich den erwarteten Erfolg?

Zahlreiche Studien deuten darauf hin, dass dem nicht so ist: Market Timing sei vielmehr reine Glückssache. Als grösste Gefahr gilt das Risiko, entscheidende Handelstage an der Börse zu verpassen. Der Spanier Javier Estrada, Ökonom an der IESE Business School, hat in seiner Studie «Black Swans and Market Timing» die Entwicklung verschiedener Indizes zwischen 1989 und 2006 untersucht. Dabei zeigte sich, dass für eine gute Performance nur einzelne wenige Börsentage entscheidend waren.

Wer über den ganzen Zeitraum mit 1000 Franken dabei war, erhielt am Ende rund 3700. Wer jedoch die zehn besten Tage verpasste, hatte zum Schluss lediglich 1870. Gar nur 70 Franken blieben, wenn man die besten 100 Handelstage verpasste. Estrada ist überzeugt, dass die guten Börsentage nicht vorhersehbar sind, dazu bräuchte man hellseherische Fähigkeiten. Dazu kommt, dass die Renditen zusätzlich geschmälert werden durch anfallende Kauf- und Verkaufsgebühren. Zudem läuft man Gefahr, Markterholungen zu verpassen, die oft auf Crashtage folgen.

Strategisches und taktisches Engagement

Dennoch ist Market Timing nicht komplett unnütz, meint Christian Gattiker, Chefstratege der Bank Julius Bär. «Aktive Strategien bieten die Möglichkeit, das Risiko-Rendite-Verhältnis zu optimieren und Klippen zu umschiffen», sagt er. In dosierter Form mache Market Timing also durchaus Sinn. Gattiker rät zu einem graduellen Entscheid.

Dabei werden die Positionen nicht alle zu einem Zeitpunkt gewechselt, sondern in mehreren Schritten. Der Mittelweg – ein längerfristiges Engagement in Kombination mit aktiven Ansätzen, um sich den Marktveränderungen anzupassen – ist demnach die beste Wahl. Doch die kurzfristigen Marktbewegungen müssen nicht unbedingt mit aktiven Investments umgesetzt werden.

ETF dienen vor allem dazu, längerfristig und breit diversifiziert die wichtigsten Märkte abzudecken. Darüber hinaus können ETF aber aufgrund ihrer kontinuierlichen Handelbarkeit auch eingesetzt werden, um von kurzfristigen Marktbewegungen zu profitieren.


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