Passiv, aber wie? Indexfonds oder ETF?

Immer mehr Anleger setzen auf passive Anlagen. Dabei scheinen viele zu vergessen, dass es nebst ETF auch die ähnlich gearteten Indexfonds gibt. Doch trotz ähnlicher Bezeichnung unterscheiden sich die beiden Anlagemöglichkeiten.

Text: Barbara Kalhammer

 

Passives Investieren fristete lange ein Dornröschendasein. Doch neue Daten zeigen, dass immer mehr Anleger dem aktiven Investieren abschwören. Ein Grund dürfte sein, dass vier von fünf Fondsmanagern ihre Benchmark nicht übertreffen. Die Ursache ist gemäss Untersuchungen oft ein zu geringer «Active Share». Sprich: Die Manager weichen kaum vom Index ab, sie riskieren zu wenig.

Die Investoren haben ihre Lehren daraus gezogen und ihre Gelder vermehrt in passive Vehikel gelenkt. Im vergangenen Jahr flossen gemäss einer Studie von Deloitte weltweit 72 Prozent der Investitionen in passive Strategien. Auf der Gegenseite mussten aktive Produkte Abflüsse verzeichnen, wie die Bank of America Merrill Lynch berechnet hat. 2015 waren es in den USA rund 150 Milliarden Dollar, in den ersten neun Monaten dieses Jahres bereits mehr als 170 Milliarden Dollar.

Dabei standen aber nicht nur ETF auf den Kauflisten, sondern auch Indexfonds. Gemäss Daten von Morningstar sind weltweit rund drei Billionen Euro in die Produkte investiert. Beide Produktarten verfolgen das gleiche Investmentziel: einen Index 1:1 abzubilden.

Doch Indexfonds sind um einiges älter als ETF: Bereits 1971 wurden die ersten Produkte in den USA auf den Markt gebracht. Wenige Jahre später wurde der Vanguard 500 Indexfund lanciert, den auch Privatanleger erwerben können. Der Fonds verwaltet heute mehr als 250 Milliarden Dollar und zählt damit zu den Schwergewichten der Branche.

Exchange Traded Funds, börsenkotierte Indexfonds, entstanden erst 1993, ebenfalls in den USA. Sie haben sich seit ihrer Markteinführung zu wahren Verkaufsschlagern entwickelt: Die Volumina wachsen Jahr für Jahr zweistellig. Den Produkten gemein ist, dass sie als Sondervermögen behandelt und von Regulierungsbehörden überwacht werden.

Bei einem Konkurs der Bank ist der Anleger somit geschützt. Doch auch wenn die Produkte viele Gemeinsamkeiten aufweisen, so gibt es auch entscheidende Unterschiede, die es bei der Auswahl zu berücksichtigen gilt.

Handelbarkeit

Viele Anleger wissen ETF vor allem für ihre gute Handelbarkeit zu schätzen. Die Produkte können während der Börsenhandelszeiten gehandelt werden, wobei die Liquidität abhängig ist vom Basiswert: Der ETF ist in erster Linie so liquide wie die Basiswerte des zugrundeliegenden Index. 
Aber es spielt auch die Zahl der Market Maker und Handel im Sekundärmarkt eine entscheidende Rolle.

Die Liquidität zeigt sich bei der Geld-Brief-Spanne, die Anleger beim Handel bezahlen. Entscheidend für den Handel ist der Creation-Redemption-Prozess. Dabei werden auf dem Primärmarkt neue ETF-Anteile kreiert. Dieser Prozess beinhaltet den Tausch von Aktienkörben gegen Fondsanteile. Hierbei übernehmen die Market Maker eine wichtige Aufgabe: Sie geben die im Index enthaltenen Aktien in Form von Aktienkörben an die Fondsgesellschaft weiter. Im Gegenzug erhalten sie dafür Fondsanteile. Diese stehen im Anschluss für die Investoren zum Erwerb zur Verfügung (Creation = Schaffung).

Beim Rückkauf (Redemption) findet der Prozess umgekehrt statt. Der Market Maker gibt Fondsanteile aus seinem Bestand zurück und erhält dafür von der Fondsgesellschaft Aktienkörbe. Durch diesen Ablauf wird sichergestellt, dass ETF zu einem Kurs gehandelt werden, der sich eng am Nettoinventarwert (NAV) des Sekundärhandels orientiert.

Die gute Liquidität und Handelbarkeit ermöglichen Anlegern, ETF auch für taktische Massnahmen einzusetzen. Bei ETF auf ausländische Märkte kann es allerdings sinnvoll sein, nur dann zu handeln, wenn diese geöffnet sind. Ansonsten wird der faire Wert des Produkts von den Market Makern geschätzt. Darüber hinaus ist es ratsam, seine Aufträge nicht unbedingt zu Handelsbeginn oder -schluss zu platzieren.

ETF versus Indexfonds

Forward Pricing

Bei Indexfonds gestaltet sich der Handel anders: Käufe und Verkäufe im Primärmarkt erfolgen mittels Fondszeichnungen respektive -rücknahmen. Durch die Ausgaben von Anteilen fliessen dem Fonds Barmittel zu. Diese werden für den Kauf der im Index befindlichen Werte verwendet. Der Handel findet einmal täglich statt.

Gemäss Beat Rüegg, Produktspezialist Index Solutions bei der ZKB, finden bei Schweizer Aktien die Schlusszeiten für Fondszeichnungen respektive -rücknahmen beispielsweise um 15 Uhr statt. Vor diesem Zeitpunkt erteilte Aufträge werden noch am gleichen Tag ausgeführt. Dabei kennt der Anleger bei Auftragserteilung den Tagesschlusskurs nicht. Der NAV wird erst am Folgetag auf Basis der Vortagesschlusskurse berechnet. Diese Praxis nennt sich Forward Pricing.

«Anleger sollten sich deshalb die Marktentwicklung ansehen, bevor sie handeln», so der Experte der Zürcher Kantonalbank. Wer also eine gewisse Flexibilität wünscht, ist mit ETF besser beraten. «Sie ermöglichen, jederzeit auf die Ereignisse an den Märkten zu reagieren», betont Beat Frühauf, Head iShares Institutional Clients Switzerland. Zudem könnten nur bei ETF Aufträge mit Limiten im Markt untertags platziert werden.

Grundlegende Unterschiede gibt es auch bei den Kosten. Bei ETF ist neben der Geld-Brief-Spanne auch die Courtage zu bezahlen. Beide Kostenkomponenten gibt es bei Indexfonds nur vereinzelt – abhängig von der Hausbank. Für die bei der Zeichnung und Rücknahme verursachten Transaktionskosten werden jedoch Ausgabe- und Rücknahmespreads zugunsten der Fonds erhoben. Dadurch werden die bestehenden Anleger vor Performanceverwässerungen geschützt, erklärt Rüegg.

Gibt nun ein Investor seine Anteile zurück, muss der Fonds die Wertpapiere verkaufen. Die damit verbundenen Transaktionskosten berappt der Investor bei der Anteilsrückgabe. Er erhält den NAV-Preis minus den Rückgabespread in Höhe einiger Basispunkte. Je nach Underlying können die Gebühren auch höher ausfallen. Die restlichen Kosten werden bei beiden Produkten in der Gesamtkostenquote zusammengefasst.

Steuerliche Aspekte

Aus steuerlicher Sicht profitierten Indexfonds, da beim Kauf ausländischer Fonds zwar eine Stempelsteuer in Höhe von 15 Basispunkten anfalle – beim Verkauf dagegen müsse sie nicht bezahlt werden, erklärt Frühauf. Bei ETF hingegen müssen 0,15 Prozent beim Kauf und Verkauf von ausländischen Wertschriften bezahlt werden, 0,075 Prozent bei inländischen.

Je nach Produktart entstehen durch häufiges Umschichten höhere Kosten. Viel entscheidender ist die Quellensteuer, die abhängig ist vom Fondsdomizil und eventuellen Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Domizilland und dem Land, in dem die zugrundeliegenden Wertpapiere gehandelt werden.

Indexfonds waren in der Schweiz lange vor allem institutionellen Anlegern vorbehalten, doch immer mehr Anbieter, darunter BlackRock, die Credit Suisse und die Zürcher Kantonalbank, öffnen ihre Produktpalette auch für Privatanleger. Auf die Frage, ob ETF oder Indexfonds die bessere Wahl sind, gibt es keine generelle Antwort – sie hängt von den erwähnten Faktoren ab. Eine gute Vergleichsmöglichkeit bietet die Tracking-Differenz, erklärt Frühauf.

Vermögen ETFVergleicht man die beiden Produkte auf den gleichen Index, zeigt sich, wie gross die Abweichung des ETF beziehungsweise Indexfonds zum zugrundeliegenden Barometer war. «Beeinflusst wird die Tracking-Differenz von vier Faktoren: TER, steuerliche Quellensteuer-Differenzen, Security Lending und andere Optimierungen sowie Rebalancing-Kosten», so der iShares-Experte.

Weitere Gebühren, die bei einem ETF anfallen, sind der Spread, die Stempelsteuer und die Broker Commission. Bei Indexfonds sind beim Kauf ausländischer Fonds ebenfalls die Stempelsteuer zu bezahlen. Zudem fallen Ausgabe- und Rücknahmegebühren an, sowie je nach Anbieter auch Spreads. Letztlich sei gemäss Frühauf auch der Investitionszeitraum entscheidend. Oftmals ist eine genaue Analyse notwendig, die Privatpersonen kaum selbst bewältigen können. Anbieter bieten hier Unterstützung an.

ETF decken ein viel breiteres Feld als Indexfonds ab, sie werden auf spezielle Märkte und unterschiedliche Strategien angeboten und können auch für taktische Massnahmen verwendet werden. Ratsam ist eine Kombination der beiden Vehikel, wie eine Studie von Evercore Pan-Asset zeigt.

Das Research-Institut nahm 223 europäische ETF und Indexfonds, die in englischen Pensionsfonds verwendet werden, bezüglich Kosten und Rendite unter die Lupe. Dabei zeigte sich, dass das günstigste diversifizierte Portfolio mit passiven Fonds zu 58 Prozent aus ETF und zu 40 Prozent aus Indexfonds bestand. Das Zünglein an der Waage sind also wie immer die Kosten.

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