Kolumne
Ueli Mettler  Partner c-alm

Über Eignung & Angemessenheit

MiFID II und FIDLEG sind zurzeit in aller Munde. Diese Regulatorien werden nicht nur für die Anbieter spürbare Veränderungen nach sich ziehen, sondern auch für die Anleger.

Die beiden Regulierungen MiFID II und FIDLEG die noch im Gesetzgebungsverfahren stecken, definieren den Rahmen, wie Banken und Finanzintermediäre in der EU (MiFID II) beziehungsweise in der Schweiz (FIDLEG) ab 2015 Anlagedienstleistungen zu erbringen haben. Aus Anlegerperspektive muss mit Einschränkungen des Handlungsspielraums gerechnet werden: Gemäss heutigem Stand wird der autonome Wertschriftenhandel (Execution only) für Privatanleger erschwert beziehungsweise auf «einfache Produkte» eingeschränkt. Da aktuell sämtliche Kollektivanlagen und damit beispielsweise auch ETF als komplexe Produkte eingestuft werden, wird dieser Eingriff in den Aktivitätsspielraum von Privatanlegern substanziell sein. Zwar haben diese die Möglichkeit, mittels eines «Opting Outs» ihre Handlungsmöglichkeiten auszudehnen, dafür müssen sie aber über «ausreichend Vermögen, Fachkenntnisse und Erfahrung» verfügen.

Die Anbieter haben sich auf der anderen Seite mit der Frage zu befassen, wie sie das ziemlich abstrakte Konzept der Eignungs- und Angemessenheitsprüfung ihrer Vermögenserwaltungs- und Beratungskundschaft konkret in die Praxis umsetzen wollen. Rund um die Eignungs- und Angemessenheitsprüfung herrscht derzeit ein regelrechtes Begriffswirrwarr. Gemäss Finma-Definition wird mit der Angemessenheitsprüfung einer Dienstleistung geprüft, ob der Kunde über hinreichende Kenntnisse und Erfahrungen verfügt. Die Eignungsprüfung erfordert hingegen die Analyse der Anlageziele und der finanziellen Verhältnisse und umfasst auch die Evaluation der (subjektiven) Risikobereitschaft und der (objektiven) Risikofähigkeit.

So einfach wie möglich: Es irritiert, wenn der Anleger im Rahmen der Eignungsprüfung mit 20 oder mehr Fragen bezüglich seines Risikoverhaltens «traktiert» wird. Schliesslich ist die Risikoneigung eine (eindimensionale) Personeneigenschaft, für deren Beantwortung eine schlüssig gestellte Frage ausreichen sollte.

So komplex wie nötig: Es ist offensichtlich, dass die Informationen über die (übrigen) finanziellen Verhältnisse aus der Eignungsprüfung relevant sind für die Beurteilung der Risikofähigkeit des Anlegers beziehungsweise für die Adäquanz einer vorgeschlagenen Anlagelösung: Für einen typischen privaten Kleinanleger mit hypothekarfinanziertem Eigenheimbesitz sind beispielsweise (direkte oder indirekte)  Immobilienanlagen ungeeignet, da das Engagement gegenüber dieser Anlageklasse bereits ohne eine solche Anlage ein Mehrfaches des verfügbaren Nettovermögens beträgt. Ebenso ist es fragwürdig, diesem Anleger festverzinsliche Instrumente zu empfehlen, da mit diesen Mitteln auch der Fremdfinanzierungsgrad bei der Liegenschaft abgebaut werden könnte.

Fazit: Die konsequente Evaluation der finanziellen Verhältnisse als Basis der Eignungsprüfung wirft die Frage auf, ob nicht für jeden Anleger gleich eine Vermögens- und Finanzplanung vorzusehen ist. Wir empfehlen den Marktteilnehmern, sich frühzeitig mit den Auswirkungen dieser Regulatorien zu befassen, die erforderlichen Anpassungen einzuleiten und sich falls möglich in die laufenden Vernehmlassungsprozesse einzubringen.


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