Kolumne
Ueli Mettler  Partner c-alm

Volatilität – ein überschätztes Risikomass

Die Volatilität zählt für Anleger zu den wichtigsten Kennzahlen. Doch wird ihre Bedeutung beim Investieren überschätzt?

In zehn Jahren ist es soweit: Sie gehen in die langersehnte Rente und erfüllen sich einen lang gehegten Lebenstraum. Sie werden die tolle Yacht Ihres Onkels zum vereinbarten Fixpreis von 250 000 Franken übernehmen und mit ihr um die ganze Welt segeln. Um diese Investition schon heute abzusichern, haben Sie sich überlegt, eine 10-jährige Eidgenossenanleihe zu erwerben, die zwar heutzutage kaum Ertrag, dafür ein hohes Mass an (Finanzierungs-)Sicherheit bietet. So weit, so gut.

Tags darauf sind Sie mit Ihrem alten Schulfreund Peter, der seinen Weg beim innovativen Finanz-Start-up Dynamic Risk Concepts gemacht hat, zum Lunch verabredet. Begeistert erzählen Sie ihm von Ihrem Kauf- und Investitionsprojekt. Peter mahnt postwendend zur Vorsicht. Er erklärt Ihnen, dass die 10-jährige Anleihe der Eidgenossenschaft alles andere als risikofrei sei: Würden nämlich die Zinsen – was landauf, landab erwartet wird – um zwei Prozentpunkte steigen, dann würden Sie mit der Anleihe auf einen Schlag 20 Prozent verlieren.

Peter erkennt ob dieser Hiobsbotschaft Ihre Verunsicherung und erklärt sich bereit, Sie in die Geheimnisse des modernen Risikomanagements – wie es beispielsweise bei grossen Pensionskassen erbracht wird – einzuweihen. Für jede Anlage wird, basierend auf täglichen Preisbewegungen, die mögliche Schwankungsbreite – oder neudeutsch Volatilität – ermittelt. Für die besagte Eidgenossenanleihe beträgt diese 0,5 Prozent pro Tag. Hochgerechnet auf ein Jahr sind es rund 8 Prozent.

Anschliessend wird für jede Anlage mit der Value-at-Risk-Kennzahl der absolut schlimmste Fall ermittelt: Dafür wird die Volatilität mit dem Faktor drei multipliziert, was für die Anleihe einen Value-at-Risk von 24 Prozent impliziert.

Sie wagen sich daraufhin kaum mehr auszumalen, was mit einer solchen Anleihe über die Investitionsdauer von zehn Jahren alles schief laufen könnte. Hilfesuchend wenden Sie sich nochmals an Peter, er soll Ihnen doch eine vernünftige Investitionsalternative empfehlen. Dieser schlägt Ihnen eine 50/50-Kombination von Cash und einer diversifizierten Hedge-Fund-Anlage vor. Er weist sie darauf hin, dass diese tatsächlich wesentlich günstigere Rendite-Risiko-Eigenschaften aufweise. Renditeseitig sei die Alternative schon einmal im Plus: Der heutzutage auf Cash-Anlagen belastete Strafzins von 1 Prozent würde durch die positiven Renditeerwartungen der Hedge-Fund-Anlage mehr als kom-pensiert.

Die Musik spiele aber eben vor allem auf der Risikoseite: Während die Volatilität der Cash-Anlage nur 2 Prozent beträgt, hat die Firma Dynamic Risk Concepts für die Hedge-Fund-Anlage basierend auf deren täglichen Preisbewegungen eine Volatilität von 6 Prozent ermittelt – was isoliert betrachtet schon einem tieferen Wert als bei der Anleihe entspricht. Mit der zusätzlichen Berücksichtigung der Korrelationseffekte würde die Volatilität des 50/50-Portfolios auf unter 3 Prozent sinken, der Value at Risk auf knapp 9 Prozent. Erleichtert lassen Sie sich beim Partnerinstitut der Dynamic Risk Concepts einen entsprechenden Umsetzungsvorschlag erarbeiten.

Ach ja, das ging fast vergessen: Wie viel Risiko hat nun Ihre 10-jährige Anleihe der Eidgenossenschaft zur Finanzierung der 250 000-Franken-Yacht? Natürlich keins.


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