Was spricht gegen einen Bitcoin-ETF?

Die US-Regulierungsbehörde stellt sich noch immer gegen einen Bitcoin-ETF. Was spricht dafür und was dagegen? Wir klären auf.

Text: Pascal Hügli

Bitcoin-ETFUm einen Bitcoin-ETF wird schon lange gerungen. Erste Bemühungen reichen ins Jahr 2016 zurück, als die Bats BZX Börse bei der US-Börsenaufsicht vorstellig wurde – und leer ausging. Seither haben Vermögensverwalter wie Van Eck, Bitwise oder SolidX eine beeindruckende Ausdauer an den Tag gelegt. Dennoch sind bisher allesamt mit ihren Anträgen beim US-Regulator abgeblitzt. Jüngster Aspirant auf einen Bitcoin-ETF ist die Investmentfirma Whilshire Phoenix, deren Gesuch im Februar 2020 abgelehnt wurde (Stellungsnahme Whilshire Phoenix).

In den vergangenen Jahren hat sich der Bitcoin-Markt stark professionalisiert. So bewegen sich heute nicht nur immer mehr, sondern auch immer mehr seriöse Akteure in diesem Markt. Das hat bei der Preisfindung zur Effizienzsteigerungen geführt. Die Handelsspannen der verschiedenen Handelsbörsen werden immer kleiner – und Arbitrage zwischen den verschiedenen Bitcoin-Spotmärkten somit immer effizienter. Auch führt die weltweit grösste Derivatebörse CME (Chicago Mercantile Exchange) seit Dezember 2017 einen regulierten Bitcoin-Futures im Angebot.

Wie viel Überzeugungsarbeit braucht es noch?

Dass sich die US-Regulierungsbehörde noch immer gegen einen Bitcoin-ETF stellt, wird wie folgt begründet: Der Bitcoin-Markt weise nach wie vor ein zu hohes Betrugs- und Manipulationspotenzial auf. Zudem mangle es an ausreichenden Überwachungsvereinbarungen. Die Marktüberwachung zwischen den grössten Kryptohandelsbörsen und den Börsen, an denen die ETF-Produkte lanciert und gehandelt würden, sei nicht hinreichend gegeben.

Am zweiten Kritikpunkt wird eifrig gearbeitet, denn diese Herausforderung ist zu bewältigen. Die Frage lautet jedoch: Wie viel Überwachung ist nötig? Schon heute sind viele Kryptohandelbörsen äusserst transparent, was ihre Handelsbücher angeht. Und überhaupt lassen sich die meisten Daten zu Kryptoassets öffentlich über das Internet einsehen und abrufen. Öffentliche Blockchains sind nun einmal von Natur aus digital. Ein grosses Mass an Transparenz ist somit bereits vorhanden.

In Sachen Manipulationsschutz ist der Bitcoin-Markt sicherlich noch nicht perfekt. Doch wird er das jemals sein? Selbst die etablierten Märkte wie Rohstoffe, Gold oder gar Aktien sind nicht vor Marktmanipulation gefeit, wie es durch den Regulator aufgedeckte Fälle regelmässig zeigen. Dass sogenannte Bitcoin Whales mit ihrer schieren Masse den Preis beeinflussen können, ist dem noch sehr jungen Alter dieser Anlageklasse geschuldet. Denn wie die vergangenen elf Jahre gezeigt haben: Die Bitcoin-Vermögenskonzentration sinkt. Anlageprodukte wie ein Bitcoin-ETF würden diese Entwicklung weiter unterstützen.

Bitcoin-ETF: ein Schutz für Anleger

Millionen von Menschen weltweit handlen bereits mit Bitcoin. Nicht immer tun sie das über vertrauenswürdige Entitäten. Grosse Kryptohandelsbörsen wie Binance, Bitfinex, Bittrex oder OKEx haben sich zwar bislang grösstenteils als verlässlich erwiesen und sich einen gewissen Ruf verdient. Nichtsdestotrotz fehlt ihnen weiterhin jene regulatorische Anerkennung, die institutionelle Anleger fordern. Sie sehen sich daher gezwungen, OTC-Handel zu betreiben. Gerade dieser läuft jedoch jener Transparenz zuwider, die von Regulatoren stets gefordert wird.

Die Lancierung eines Bitcoin-ETF würde den Anlegern mehr Schutz, Sicherheit und Transparenz bringen. Bestände und Preis würden zu jeder Zeit transparent ausgewiesen. In Europa und der Schweiz muss gemäss MIFID für jeden Fonds ein «Key Information Dokument» (KID) erstellt werden, das auf alle Risiken hinweist und volle Kostentransparenz liefert.

Da ETF für eine breite Masse einfach zugänglich sind, würde ein solcher Bitcoin-ETF unter Investoren demnach für eine hohe Liquidität sorgen. Natürlich ist Bitcoin noch immer eine Hochrisikoanlage, was die Gefahr erhöht, dass mit einem solchen Vehikel auch Bitcoin-Laien investieren würden (Lesetipp: Was man zur Kryptowelt wissen sollte). Nichtdestotrotz würde ein Bitcoin-ETF den Marktzugang für viele erfahrene Anleger erleichtern. Auch die Versteuerung dieses Kryptoassets würde einfacher, da mit einem solchen Anlagevehikel einheitliche Steuerdokumente lanciert würden.

Keine überteuerten Zuschläge

Einer der grössten indirekten Vorteile eines Bitcoin-ETF würde in dessen Creation-/Redemption-Prozess liegen, schliesslich sorgt der beim jeweiligen Vermögenswert für eine höhere Marktliquidität. Beim diesem Prozess handelt es sich um die Schaffung und/ oder Rückgabe neuer beziehungsweise vorhandener ETF-Anteile am Primärmarkt. Das heisst: Wäre aufgrund einer hohen Nachfrage der Preis der Bitcoin-ETF-Anteile höher als derjenige des Bitcoin, würden neue ETF-Anteile ausgegeben – und der Preis der ETF-Anteile würde sich wieder Richtung Bitcoin-Marktpreis bewegen.

Dieser Vorgang führt letztlich zu mehr Liquidität und somit faireren Preisen für den Endinvestor. Letztlich kann über diesen Schaffung-/Rückgabe-Mechanismus sichergestellt werden, dass Bitcoin- ETF zu einem Kurs gehandelt werden, der sich eng am Nettoinventarwert orientiert. Heute ist das vielerorts nicht der Fall. Ausgerechnet bei den wohl populärsten Krypto-Investmentprodukten in den USA zeigen sich zum Teil riesige Diskrepanzen.

Die Rede ist von den Produkten von Grayscale Investments, dem weltweit grössten Vermögensverwalter für Krypto-Assets. Insgesamt zehn Anlageprodukte hat das Unternehmen im Angebot, am bekanntesten sind der Bitcoin Trust und der Ethereum Trust. Beide werden stets mit einem Aufschlag gehandelt. Besonders augenfällig ist der Markup zurzeit bei Ethereum: Er beträgt über 700 Prozent.

Hohe Prämien für Bitcoin & Ehereum

Die Nachfrage nach den Grayscale-Produkten ist riesig, das zeigt der Aufschlag, der Investoren bezahlen müssen. Einen wirklich fairen Preis erhalten sie allerdings nicht

Für Anleger sind das beachtliche Mehrkosten, die letztlich auch ein gewisses Risiko beinhalten. Dieses manifestiert sich in dem Moment, in dem die Blase platzt. Einige Marktbeobachter argumentieren, diese Tatsache sei letztlich der Abwehrhaltung der US-Regulierungsbehörde geschuldet.

Würde ein Bitcoin-ETF existieren, könnte er den Grossteil dieses scheinbar hohen Anlageinteresse an Kryptoassets absorbieren. Dass das Interesse hoch ist, zeigt sich ja gerade an der grossen Beliebheit der Grayscale Trust Fonds – auch wenn es mittlerweile wie in der Schweiz einige Alternativen, etwa die ETP-Produkte von 21 Shares oder WisdomTree, gibt, oder strukturierte Produktlösungen von Leonteq oder Vontobel.


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