Kolumne
Availability Bias
Mojmir Hlinka Direktor bei AGFIF International AG

Anlegen in Krisenzeiten: Es tut weh, das Richtige zu tun

In Krisenzeiten schwanken die Börsen auch darum so stark, weil die Angst die Handlungen der Investoren regiert. Tatsächlich haben wir eine Krise mit unvorhersehbarem Ausgang. Stoppen können wir sie nicht, aber bezwingen können wir uns nur selber.

Eine Krise stellt immer das Unbekannte dar. Denn es wäre keine Krise, wenn wir aus dem Lehrbuch der Vergangenheit einfache Lösungsansätze herausgreifen könnten. Die Ereignisse der letzten zwei Jahre lassen sich mit «Breaking News» titeln: Die weltweite Corona-Pandemie, der Krieg in der Ukraine, mögliche Eskalation bis zum Atom- und Dritten Weltkrieg, Inflation, Zusammenbruch der globalen Lieferketten, hilflose Politiker, ratlose Notenbanker. Aus Investorensicht eine Kulmination in Börsenkursen, die seit Anfang 2022 nur eine Richtung kennen: abwärts.

Die Angst regiert – und sie ist der denkbar schlechteste Ratgeber. Der Availability Bias – der Verfügbarkeitsfehler, der zu kognitiven Verzerrungen führt und eine objektive Analyse der Lage verhindert – sorgt dann für weitere schlechte Entscheidungen.

Der amerikanische Lehrer und Buddhist Joseph Goldstein wird kaum die sich derzeit überschlagenden Wellen der Börsenkurse gemeint haben, als er sagte: «Du kannst die Wellen nicht anhalten, aber Du kannst lernen, auf ihnen zu reiten.»

Fehler in Krisenzeiten

Nutzen wir doch diese Metapher, um die Lage etwas zu klären: Die Notenbanken sprechen von einer Zinswende und versuchen, durch das Einsammeln des gedruckten Geldes die Inflation unter Kontrolle zu bekommen. So weit so gut. Aber: Wenn die Notenbanken eine Inflation von 2 bis 3 Prozent anstreben, werden sie derzeit eine von 3 bis 4 Prozent mit Kusshand akzeptieren. Mit weiteren Zinsschritten werden es die Notenbanken dann nicht mehr eilig haben. Also werden Investoren mit einem inflationsbereinigten Realzins rechnen müssen, der weiterhin im negativen Bereich liegt.

Damit sind wir bei der Anlagestrategie: Die Alternativlosigkeit von Aktien bleibt offensichtlich bestehen. Und wie sollte man nun handeln? Es ist wissenschaftlich bewiesen, dass in solchen Krisenzeiten die Investoren die meisten Fehler machen. Ich sage es deutlich: Wer an Tagen, an denen der Markt 3 Prozent verliert, nicht dabei ist, verpasst auch die Tage, an denen es 5 Prozent nach oben geht.

Die Börse ist kein Kasino. Das richtige Timing zu erwischen zu wollen, ist aber reines Glückspiel. Verfallen sie nicht in falschen Aktivismus und bleiben Sie ihrer Anlagestrategie treu. Auch wenn es derzeit weh tut. Aktien sind die erfolgreichste Anlageklasse und haben Krisen und Kriegen überdauert. Diese Wellen können wir nicht anhalten. Also bleibt nur, dass wir sie reiten.

Mojmir Hlinka ist Direktor bei AGFIF International AG 


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