«Das Pariser Abkommen war ein Wendepunkt»

Sozial verträgliche Investitionen wachsen seit Jahren stärker als der Markt. Noch grössere Anlegerkreise erreichen sie gemäss Robert de Guigné nur, wenn auch die Rendite stimmt.

Text: Rino Borini

In den letzten Jahren hat nachhaltiges Anlegen an Bedeutung gewonnen. Was sind die Gründe für diesen Anstieg?

Der Druck aus der Zivilgesellschaft, angetrieben von der Transparenz, die eine digitale Revolution überhaupt erst ermöglichen konnte, hat zu einer Verschiebung der Regierungs- und Regulierungspolitik hin zu einer umwelt- und sozialverträglicheren Agenda geführt. So haben beispielsweise 195 Länder das Pariser Abkommen zur Bekämpfung des Klimawandels unterzeichnet. Dies markierte mitunter einen Wendepunkt.

Diese Veränderungen haben auch die Kapitalmärkte erfasst.

Genau. Einerseits hat dies Auswirkungen auf die Art und Weise, wie Unternehmen in Bezug auf ihre Geschäftspraktiken agieren, wenn sie langfristig nachhaltig bleiben wollen. Andererseits müssen Investoren im Kontext dieses sich verändernden globalen Paradigmas zwei verschiedene Herausforderungen beachten: erstens die Auswirkungen der Transition in Bezug auf Risiko und Ertrag ihres Portfolios. Zweitens ihre Rolle bei der Ermöglichung eines geordneten Übergangs des Unternehmenssektors in diese neue, sozial und ökologisch integrative Welt.

Was motiviert Investoren, ihr Vermögen nachhaltig zu verwalten?

Wir sehen drei Hauptmotivationen unter den Anlegern: Erstens ihre Verantwortung gegenüber der Gesellschaft in Anerkennung der wichtigen Rolle, die Kapital bei der Gestaltung von Wirtschaft und Gesellschaft spielen kann. Zweitens die Notwendigkeit, Risiken zu mindern, und, drittens sind die Anleger natürlich bestrebt, die Chancen zu nutzen, die diese Art der Transition bieten kann, um zusätzliche Erträge zu erwirtschaften.

Sustainable Investment sind ohne Renditeeinbussen möglich, sagen die Anbieter. Aber wie soll das gehen?

Um als Mainstream-Investmentansatz erfolgreich zu sein, muss die Fokussierung auf soziale und ökologische Aspekte mindestens das gleiche Renditepotenzial bieten wie herkömmliche Benchmarks. Dies wird im neuen Paradigma von heute zunehmend möglich.

Aber wie?

Der Ansatz eines Anlegers, ESG (Environmental, Social, Governance) in Portfolios zu integrieren, ist wichtig, um das Renditepotenzial im Vergleich zu traditionellen Benchmarks aufrechtzuerhalten. Durch die Anwendung eines «Best-in-Class-Ansatzes», bei dem zwischen Unternehmen innerhalb eines Sektors unterschieden wird, statt ganze Sektoren auszuschliessen, wird es einfacher, die Risiko-/Ertragsbilanz des Portfolios aufrechtzuerhalten oder zu verbessern.

Das ist auch ein starkes Signal an die Märkte, oder?

Genau. Wir steuern den Kapitalfluss so, dass Unternehmen belohnt werden, deren Geschäftspraktiken den besten Umwelt-, Sozial- und Governance-Standards entsprechen. Und indem wir Nachzügler bestrafen, können wir den Verwaltungsräten signalisieren, welche Art der Unternehmensführung wir von ihnen erwarten. Diese Marktbeeinflussung ist ein wichtiger Teil, wie wir als Investorengemeinschaft Unternehmen unterstützen können, den Übergang in geordneter Weise zu vollziehen. Dies bedeutet, dass nachhaltige Anlagen als Risikominderungsstrategie bei der Verwaltung grosser Portfolios mit dem Ziel der Erzielung stabiler Renditen bei gleichzeitiger Kontrolle der Volatilität immer notwendiger wird, um die Portfolioergebnisse langfristig abzusichern.

* Robert de Guigné, Head of ESG Solutions bei Lombard Odier Investment Managers.


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