Der neue Bitcoin ETF ist kein Paukenschlag

Seit 2013 wird in den USA für eine Zulassung des ersten Bitcoin ETF gekämpft. Nun hat die US-Börsenaufsicht hat grünes Licht erteilt. Ein Paukenschlag ist es nicht, denn die Struktur basiert auf Terminkontrakten. Das kann durchaus die Rendite versauen.

Bitcoin ETF

Ein jahrelanger Kampf um die Kotierung des ersten Bitcoin-ETF an einer US-Börse ist beendet. Im Jahr 2013 stellten die Winklevoss Zwillinge, die breits bei Facebook für Furore sorgten, den allerersten Antrag für einen Bitcoin-ETF an die US-Börsenaufsicht SEC. Nicht nur dieser, sondern rund 14 weitere Firmen beantragen in den letzten Jahren die Zulassung einen Bitcoin-ETF. Doch alle wurden abgelehnt oder deren Bearbeitung verschoben und ist weiterhin pendent.

Am 18. Oktober 2021 kommt der Anbieter Proshares zu seinem Glück: Der Proshares Bitcoin Strategy ETF hat den behördlichen Segen erhalten. Das ist der erste Krypto-ETF von vielen weiteren sein. Inzwischen haben VanEck und

Die Bitcoin-Community feiert diesen Erfolg. Das lässt sich auch an der Kursentwicklung zeigen: Die grösste Kryptowährung der Welt lag Mitte Oktober 2021 zum ersten Mal seit April über 62’000 Dollar, knapp unter seinem Allzeithoch von 64’869 Dollar, das Anfang des Jahres festgelegt wurde. Der Bitcoinkurs hat sich gegenüber seinem Tief von Ende Juli inzwischen mehr als verdoppelt.

Bitcoin kratzt an Rekordmarke


Eigenartig, denn eigentlich ist in Kanada bereits ein ETF an der Toronto Stock Exchange zugelassen. Und in Europa, also auch in der Schweiz, können Anleger bereits seit Februar 2019 ETP auf Bitcoin kaufen. Diese Vehikel sind ähnlich aufgebaut wie ein ETF, sie bilden nahezu 1:1 den Bitcoinkurs ab und sind an einer regulierten Börse gehandelt. Der Hauptunterschied besteht in der rechtlichen Hülle.


ETP versus ETF: ETP kombinieren verschiedene Eigenschaften von ETF und Tracker-Zertifikaten. Aus regulatorischer Sicht sind ETP besicherte, unverzinste und auf den Inhaber lautende Forderungsrechte. Sie ermöglichen Anlegern, 1:1 an der Kursentwicklung des zugrundeliegenden Basiswertes zu partizipieren. Die Wertentwicklung des Produkts entspricht derjenigen des Basiswerts, das Auszahlungsprofil ist also symmetrisch, so wie bei ETF oder Tracker-Zertifikaten. Auch für ETP verpflichtet die Schweizer Börse mindestens einen Market Maker pro Produkt, um Kontinuität und Liquidität im Handel sicherzustellen.

Um Anleger zu schützen sind ETP besichert. Bei einem Krypto-ETP werden die zugrundeliegenden Krypto-Assets jederzeit zu 100 Prozent sicher gelagert (Cold Storage). Sie müssen also mindestens den ausstehenden Betrag des ETP decken und von einer unabhängigen Drittpartei verwahrt werden. Aber anders als ETF sind ETP keine Anlagefonds. Sie unterstehen somit nicht dem Kapitalanlagegesetz (KAG).


Teurer Bitcoin ETF Spass

Dieser ETF wird nicht physisch abgebildet (was eigentlich der Grundidee von ETF widerspricht), sondern er wird mittels Terminkontrakten (Futures an der CME) repliziert. Das kann zu Nachteilen führen. Bei einer «echten» physischen Abbildung wäre das investierte Vermögen 1:1 mit dem Basiswert hinterlegt und der Preis des ETF richtet sich an den aktuellen Bitcoinpreis (Spotkurs).

Die Abbildung mittels Futures hingegen bringt neue Risiken und je nach Situation entstehen weitere Kosten. Ein Merkmal der Futures ist ihre begrenzte Laufzeit. Das führt dazu, dass der Fonds auslaufende Kontrakte in neue umwandeln muss (Rollover). Das führt zu positiven oder eben negativen Rollrenditen.

Futures-basierte ETF ermöglichen es Anlegern, sich über einen Futures-Kontrakt in einen Basiswert, in diesem Fall in Bitcoin, zu engagieren. Der Anleger geht eine Verpflichtung, den Basiswert zu einem späteren Zeitpunkt zu einem vereinbarten Preis zu kaufen oder zu verkaufen, ein. Die Kontrakte laufen einmal im Monat aus, sodass der Rollover für den Anleger erforderlich ist, um das Engagement aufrechtzuerhalten.

Und in diesem Prozess steckt die Krux: Da der fällige Kontrakt am Verfallstag tendenziell zum Kassapreis (Spot) konvergiert, können die längerfristigen Kontrakte mit einem Aufschlag gehandelt werden. Anleger könnten den auslaufenden Kontrakt mit Verlust verkaufen und den nächsten zu einem hohen Preis kaufen. Ein Anleger könnte immer noch von den zugrunde liegenden Kursgewinnen profitieren – nur nicht so sehr, wegen dem Contango-Effekt.

Achtung: «Contango Bleed»

Die Gefahr lauert nun eben in diesem «Contango»-Effekt («Contango-Bleed»). Das ist die Situation, bei der ein Futures-Kontrakt mit einem längerfristigem Verfalldatum zu höheren Preisen notiert, als der Kontrakt mit einem kurzfristigem Verfalldatum. Contango tritt dann ein, wenn der Markt für die Zukunft (deutlich) höhere Preise erwarten.

Das bedeutet nun, dass ein Bitcoin-Future-ETF Verluste erleiden wird, wenn dieser in erster Linie kurzfristige Kontrakte hält und sich die Futures aber in einer Contango Situation befinden. Das führt zu einer negativen Rollrendite. Längere Contango-Perioden führen letztlich zu erheblichen Verlusten. Patrick Heusser, Head of Trading bei der Schweizer Crypto Finance AG schrieb im jüngsten Marktbericht: «Ich erwarte, dass die durchschnittliche negative Rendite auf der CME-Bitcoin-Futures-Kurve bei etwa 5-10 Prozent liegen wird». Im Klartext: Wenn sich der Bitcoin-Preis in den nächsten 12 Monaten verdoppelt, würde der ETF um mindestens 5-10 Prozent schlechter abschneiden.

Der Proshares Bitcoin Strategy ETF nennt das Rollover-Risiko in seinem Prospekt somit auch als ein wesentliches Risiko für Anleger: «Verlängerte Contango-Perioden könnten dem Fonds erhebliche Verluste bescheren.» Zwar schreibt der Asset-Manager im SEC-Antragsformular weiter, dass sie auf ein aktives Management setzen würden und damit versuchen würden, allfällige negative Auswirkungen abzuschwächen. Proshares schreibt aber auch: «But there can be no guarantee that it will be successful in doing so.»

Für Proshares gibt es jedoch einen Vorteil bei dieser Replikationsart: Sie müssen sich nicht um die sichere Verwahrung der Private-Keys kümmern. Ein Cold-Storage ist aufwändig und kostet ebenso.

Ein Paukenschlag?

Es gibt keine schlüssige Antwort, warum das SEC einen future-basierten Bitcoin ETF einem physisch-replizierendem Vehikel vorzieht. Ein Argument könnte in der Preisfindung liegen. Es gibt derzeit keine einzige, zuverlässige Marktreferenz für den Bitcoinpreis. Die Kurse variieren von einer Kryptobörse zur anderen um bis zu fünf Prozent. Viele Analysten glauben, dass die Futures-Preise an der Chicagoer Börse die Stimmung am Bitcoin-Markt am genauesten widerspiegeln kann.

Für Privatanleger lohnt es sich jedoch nicht unbedingt in ein solches Gefährt einzusteigen, da sich die Futures-Kurve von Bitcoin typischerweise im Contango befindet. An der SIX Swiss Exchange sind bereits mehrere ETP auf Bitcoin zugelassen. Diese Produkte bilden 1:1 den aktuellen Bitcoinpreis ab und können einfach über das E-Banking geordert werden. Zudem gibt es immer noch den Weg zum direkten Bitcoin-Investment: Selber über ein Bitcoin-Wallet die Mutter aller Kryptowährungen kaufen (eine einfache Anleitung). Das bedeutet jedoch auch, sein Bitcoin-Vermögen sicher zu verwahren.

Ist nun die Genehmigung eines börsengehandelten Fonds auf amerikanischen Grund und Boden ein Ritterschlag für Bitcoin und Co.? Nein! Ein Paukenschlag wäre es dann, wenn der ETF physisch abgebildet wird. Dennoch ist der ETF-Start ein weiteres Zeichen für die Mainstream-Legitimität von Kryptos.


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