«Die Rendite nach Steuern zählt.»

Die steuerliche Perspektive spielt bei ETF eine grosse Rolle. Entscheidend sind das Fondsdomizil und die gewählte Struktur.

Text: Barbara Kalhammer

Herr Poggioli, Steuern beeinflussen die Rendite massgeblich. Welche Aspekte gilt es diesbezüglich bei ETF zu beachten?

ETF sind für Schweizer Steuerzwecke kollektive Kapitalanlagen. Dabei sind das Domizil des Fonds sowie die gewählte Struktur in Form eines Vertrages oder einer Gesellschaft für in der  Schweiz ansässige Privatanleger irrelevant. Die Erträge sowie die Kapitalgewinne werden aufgrund der steuerlichen Transparenz von Anlagefonds nach denselben Regeln besteuert. Auch  die Basiswerte sowie die Replikationsmethoden können sich auf die Besteuerung der Rendite auswirken.

Wie genau?

Das Fondsdomizil Schweiz kann dazu führen, dass die ETF Quellensteuern auf Ausschüttungen oder thesaurierten Erträgen bezahlen müssen. Zudem können Kaufund Verkaufstransaktionen  der Umsatzabgabe oder ähnlichen ausländischen Steuern unterstehen. Schliesslich können ETF im internationalen Verhältnis nur beschränkt von Doppelbesteuerungsabkommen profitieren, so dass auf quellenbesteuerte ausländische Erträge gegebenenfalls eine Renditeschmälerung zu gewärtigen ist.

Was sollte hinsichtlich der Ertragsverwertung (thesaurierend oder ausschüttend) beachtet werden?

An in der Schweiz ansässige Privatanleger ausgeschüttete sowie thesaurierte Vermögenserträge von ETF unterliegen der Einkommenssteuer. Bei Schweizer ETF wird auf diesen  Vermögenserträgen zusätzlich die Verrechnungssteuer erhoben. Davon zu unterscheiden sind vom ETF generierte Kapitalgewinne. Diese sind steuerfrei, sofern sie dem Privatanleger  separat ausgewiesen werden. Die meisten in der Schweiz kotierten ETF publizieren deshalb Steuerwerte, die über die steuerbare und steuerfreie Komponente aufklären.

Wie wird der Coupon bei Bond-ETF besteuert?

Wie bereits erwähnt wird bei in der Schweiz ansässigen Privatanlegern der in der Zahlung enthaltene Vermögensertrag (Zinskomponente, übriger Ertrag) mit der Einkommenssteuer  erfasst. Allfällige Kapitalgewinne sind, sofern separat ausgewiesen, steuerfrei. Bei Ausschüttungen von Schweizer ETF ist zusätzlich die Verrechnungssteuer auf der Ertragskomponente geschuldet.

Spielt die Struktur (physisch oder synthetisch) eine Rolle?

Den allgemeinen steuerlichen Grundsätzen folgend, sollten Zahlungsflüsse aufgrund der synthetischen Replikation als derivativer Ertrag qualifiziert werden, der systematisch einem  Kapitalgewinn gleichzustellen ist. Dies würde bedeuteten, dass in der Schweiz ansässige Privatinvestoren anstatt einer einkommenssteuerpflichten Ertragskomponente einen steuerfreien Kapitalgewinn erzielen würden. Die Steuerbehörden folgen jedoch in ihrer Praxis nicht dieser Interpretation und verlangen trotz derivativer synthetischer Replikation die Besteuerung  einer Ertragskomponente, welche der Ertragsrendite des zugrundeliegenden Indexes/Produktes entspricht.

Muss bei ETF eine Umsatzabgabe bezahlt werden?

Anteile an ETF gelten als kollektive Kapitalanlagen und somit als steuerbare Urkunden für die Zwecke der Umsatzabgabe (UA ). In der Schweiz ansässige Privatanleger erwerben ETF über  einen Schweizer Effektenhändler. Typischerweise erfolgt ein Erwerb von ETF an der Börse und somit als Sekundärmarkttransaktion, wodurch die UA anfällt.

Sie beträgt 7,5 Basispunkte  (BP ) bei inländischen und 15 BP bei ausländischen ETF. Im seltenen Falle eines Kaufs aus Emission wären Schweizer ETF von der UA befreit, was bei ausländischen ETF nicht der Fall ist. Die ebenfalls seltene Rückgabe von ETF-Anteilen zur  Tilgung ist vollumfänglich von der UA befreit.

Fällt eine Stempelsteuer an?

Eine weitere Stempelsteuer fällt nicht an. Es sind jedoch Börsengebühren sowie Kommissionen und Courtagen zu berücksichtigen.

Bei welchen Produkten ist die Verrechnungssteuer von Bedeutung?

Die Verrechnungssteuer (VST ) ist ausschliesslich bei Schweizer ETF von Bedeutung. Diese müssen nämlich auf ausgeschütteten oder thesaurierten Vermögenserträgen wie Zinsen und  Dividenden die Verrechnungssteuer erheben. In der Schweiz ansässige Privatanleger können die VST in der privaten Steuererklärung angeben und mit den geschuldeten Einkommens- und Vermögenssteuern verrechnen.

Können nur inländische Anteilsscheininhaber die VST zurückfordern?

Die VST ist für ausländische Investoren als endgültige Steuerbelastung konzipiert. Eine Rückerstattung ist somit grundsätzlich nur auf der Basis von Doppelbesteuerungsabkommen möglich, wobei nur die wenigsten Schweizer Doppelbesteuerungsabkommen kollektive Kapitalanlagen in den Anwendungsbereich einschliessen.

Das VST-Recht kennt jedoch  diesbezüglich eine wesentliche Ausnahme: Entstammen mindestens 80 Prozent der Erträge eines Schweizer ETF nachweislich aus ausländischen Quellen, so können im Ausland ansässige Investoren die abgezogene VST direkt bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung zurückfordern, ohne sich auf ein Doppelbesteuerungsabkommen stützen zu müssen. Sind sogar die  Voraussetzungen für das sogenannte Affidavitverfahren erfüllt, so muss die Verrechnungssteuer gegenüber ausländischen Investoren nicht erhoben werden.

Wie sieht die steuerliche Behandlung eines Schweizer Anlegers für Fonds mit Domizil Schweiz, Luxemburg oder Irland aus?

Wie bereits ausgeführt, unterscheidet sich die steuerliche Behandlung nur im Hinblick auf die Erhebung der VST bei Schweizer Anlagefonds. Ausgeschüttete und thesaurierte  Vermögenserträge wie Zinsen oder Dividenden unterstehen bei inländischen Privatinvestoren der Einkommenssteuer. Allfällige separat ausgeschüttete oder ausgewiesene Kapitalgewinne werden bei inländischen Privatinvestoren nicht besteuert, sofern der ausländische ETF zu diesem Zweck die massgeblichen Schweizer Einkommenssteuerwerte publiziert.

Für in der Schweiz ansässige juristische Personen und natürliche Personen, die ETF im Geschäftsvermögen halten, gilt das sogenannte Buchwertprinzip. Die ETF sind grundsätzlich zum  tiefsten Wert zu bilanzieren (Anschaffungs- oder Marktpreis), und Erträge aus ETF (Ausschüttungen und Kapitalgewinne sowie -verluste) werden erst zum Zeitpunkt der Verbuchung wie übrige Erträge steuerlich erfasst.

Zusammenfassend: Welcher ETF ist für welchen Investor geeignet?

ETF werden steuerlich als Anlagefonds behandelt, was eine transparente Besteuerung der Erträge und Kapitalgewinn auf Stufe des Investors ermöglicht. Für in der Schweiz ansässige  Privatpersonen ist die Unterscheidung zwischen steuerbaren Vermögensertrag und steuerfreiem Kapitalgewinn wesentlich. Wird ein entsprechendes Steuerreporting erstellt, können sich Steuervorteile ergeben. Die Wahl eines ausländischen ETF ohne Quellensteuerabzug auf Ausschüttungen kann aus Cash-Flow-Sicht vorteilhaft sein.

Luca Poggioli ist Director bei PwC, Corporate Tax Financial Services.
sentifi.com

Top 10 meistdiskutierte Werte



Kommentar schreiben

  • (will not be published)