ETF als Stimmungsbarometer

Investoren verabschieden sich von Gold-ETF, der Preis geht auf Talfahrt. Ihre Macht bei der Preisbestimmung wächst.

Text: Barbara Kalhammer

Im vergangenen Jahr stand Gold bei Anlegern hoch im Kurs. Ende 2012 erreichten die Goldbestände in ETF ein Rekordniveau. Doch mit dem Jahreswechsel hat sich das Bild gewandelt:  Investoren haben ihren Goldanlagen massenweise den Rücken zugekehrt. Die grössten Abflüsse verzeichnete der SPDR Gold Trust mit einem Rückgang um 25 Prozent auf 1013 Tonnen.  Zum Jahreswechsel lagen die weltweiten ETF-Bestände noch bei 2809 Tonnen, doch bis Anfang Juni flossen Gelder in Höhe von 519 Tonnen ab. Das entspricht nahezu den Zukäufen der  Notenbanken aus dem Gesamtjahr 2012.

Der Goldpreis hat sich durch die Flucht der Investoren seit Jahresbeginn um rund 19 Prozent abgeschwächt. Mitte Mai betrug er 1355 Dollar je  Unze. Der Tiefpunkt dürfte damit aber noch nicht erreicht sein. Tobias Merath, Rohstoffanalyst bei der Credit Suisse, prognostiziert weitere Rückgänge. Denn noch sei die Verkaufswelle  der ETF nicht vorbei. Institutionelle Investoren wie Fonds, Pensionskassen und Family Offices würden ihre strategischen Positionen abbauen – und das im grossen Stil. Laut Merath hatten sie in den letzten Jahren ein Übergewicht in Gold aufgebaut. Einerseits aufgrund der Preissteigerungen, anderseits als Schutz vor Inflation und sinkenden Zinsen. Nun kehren sie zurück auf eine Normalgewichtung. Er erwartet eine Stabilisierung des Preises auf 3-Monats-Sicht bei 1300 Dollar.

2013-05-kompakt

Der Preisrückgang konnte weder von der Münzen- und Barrensparte noch von der Schmuckindustrie gebremst werden. Zwar ist in beiden Bereichen die Nachfrage gestiegen, dies ist  gemäss Merath aber auf das tiefere Goldpreisniveau zurückzuführen. Einen nachhaltigen Trend sieht er nicht. Vermehrt treten auch die Notenbanken, vor allem jene der  Schwellenländer, als Käufer auf. Sie hielten hohe Devisenreserven, die es zu diversifizieren gelte, nennt Merath die Gründe für die Nachfrage.

2013 haben beispielsweise Staaten wie Russland oder die Ukraine zugekauft. Merath erwartet, dass sich diese Entwicklung weiter fortsetzt. Ihr Einfluss auf den Goldpreis sei jedoch im Vergleich zu den Investoren gering. So heisst es für Anleger heutzutage nicht nur die Entwicklungen auf dem Goldmarkt im Blick zu behalten, sondern auch die Bestände der ETF. Denn sie haben sich zu einem wichtigen Stimmungsbarometer entwickelt.


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