Findet Gold seinen Glanz zurück?

Gold gilt seit Jahrzehnten als sicherer Hafen, um sich gegen Inflation und Kaufkraftverlust abzusichern. Doch in der Corona-Krise ist der Goldpreis stark gesunken – ganz im Gegensatz zu demjenigen des Bitcoin. Ist die Kryptowährung das neue (digitale) Gold?

Der Goldpreis hat seit Jahresbeginn rund elf Prozent an Wert eingebüsst, anfangs März ist er sogar unter die Marke von 1700 Dollar gefallen. Das verwundert so machen Anleger, denn eigentlich sind die Voraussetzungen für eine positive Entwicklung durchaus gegeben: Einerseits sind die Notenbanken rund um den Erdball wieder am Gelddrucken, andererseits ist das Inflationsgespenst zurückgekehrt.

Goldpreis sinkt seit Jahresbeginn 
Dass die Stimmung bei den Goldanlegern getrübt ist, zeigt sich auch bei den investierten Vermögen in physisch gedeckte Goldfonds: In den globalen Beständen der Gold-ETF ist es im Februar – zum dritten Mal in vier Monaten – zu Abflüssen gekommen. Das globale Vermögen beträgt nun 3681 Tonnen. So wenig wie zuletzt im Juni 2020, als der Gold-Unzenpreis nahe dem Schlusskurs vom Februar von 1743 Dollar notierte.

Bestände in Gold-ETF nehmen ab
Im aktuellen Umfeld erfreuen sich Aktien und Kryptowährungen schlicht einer grösseren Beliebtheit. Zudem bewerten zahlreiche Anleger ihre Risikoaktivitäten infolge der anziehenden Renditen an den Obligationenmärkten neu. Der vermeintlich sichere Anlagehafen Gold scheint, zumindest vorerst, ausgedient zu haben.

Geld bis zum bitteren Ende

Dass der Goldpreis aktuell fällt, liegt auch an den Zinsen. Die Notenbanken dieser Welt versuchen mit aller Kraft, die Zinsen künstlich tief zu halten. Doch die langfristigen Zinsen sind in den letzten Wochen bereits kräftig gestiegen. Die Folge davon ist, dass erste Notenbanken wie die Bank of Japan oder die Reserve Bank of Australia die gestiegenen Langfristzinsen mit Interventionen nach unten zu drücken versuchen.

Auch die Europäische Zentralbank und die US-Notenbank planen neue Marktinterventionen. Damit dürften neben den nach wie vor negativen kurzfristigen Realzinsen auch die mittel- und langfristigen Realzinsen wieder stark negativ werden. Diese Entwicklung spricht für ein Comeback von Gold: Für das Edelmetall gibt es kaum ein besseres Umfeld als die Aussicht auf negative und fallende Realzinsen.

Einen weiteren Grund, der für eine steigende Inflation spricht, sehen Beobachter in den gigantischen Unterstützungsprogrammen diverser Regierungen. Diese sollen die Konjunktur schneller und stärker anheizen, stecken dabei jedoch in einer Zwickmühle. Denn die Stimulus-Programme verschärfen die bereits heute alarmierende Schuldenproblematik zusätzlich.

Schulden auf Rekordniveau

Blickt man auf die neuesten Zahlen des Institute of International Finance (IFF), ist die globale Gesamtverschuldung – sowohl der öffentlichen wie privaten Haushalte – im letzten Jahr so stark gestiegen wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr. Gemäss IFF sitzt die Welt auf einem Schuldenberg von 281,5 Billionen Dollar. Die weltweite Schuldenquote lag im vergangenen Jahr bei 355 Prozent und damit um 35 Prozentpunkte über dem Vorjahreswert.

Doch auch das zu frühe Einstellen der Wirtschaftshilfen ist nicht ohne Risiko – es könnte einer neuerlichen Rezession Vorschub leisten. Die aktuelle Situation ist somit alles andere als trivial, denn Notenbanken sollten letztlich die Kaufkraft der Fiat-Währungen erhalten. Ob es ihnen gelingen wird? Dass Investoren skeptisch sind, zeigt sich daran, dass sie dem sicheren Hafen Gold derzeit den Rücken kehren.

Neue Konkurrenz durch Bitcoin

Während der Goldpreis also deutlich unter dem Niveau von Anfang November notiert, legte der Bitcoin eine furiose Rally hin. Aus Sicht mancher Experten ist das Aufwärtspotenzial scheinbar grenzenlos. Vor wenigen Wochen haben die Analysten von JP Morgen ein langfristiges Preisziel von 146’000 Dollar prognostiziert. Sie sagen aber auch, dass die Preisvolatilität von Bitcoin nachlassen muss, damit die Kryptowährung ihre Rally fortsetzten kann. Einen Grund für das Kursziel sehen die Spezialisten in der Verdrängung von Gold als sicheren Hafen.

Der Vergleich mit Gold kommt nicht von ungefähr. Bitcoin verfügt über die gleichen Vorteile wie das Edelmetall: Beide gelten bei ihren Anhängern als Schutz vor Negativzinsen, Überschuldung und Demonetarisierung von Fiatgeld. Beide sind liquide Werte ausserhalb des Fiatsystems. Trotzdem gibt es einen wichtigen Unterschied, der die Bezeichnung digitales Gold rechtfertigt: In einer zunehmend digitalen Welt ist Bitcoin besser positioniert als physisches Gold.

Eigenschaften Bitcoin vs. Gold

Gespannt blickt die Industrie auf die Handlungen von Gary Gensler, dem neuen Chef der US-Börsenaufsicht. Bei der Behörde stapeln sich die Anträge für Bitcoin-ETF geradezu. Die Chancen sind intakt, schliesslich sagte Gensler dem Bankenausschuss des Senats, er würde Innovationen im Bereich von Kryptowährungen durchaus fördern. Er bezeichnete Bitcoin und andere Kryptowerte als «Katalysator für Veränderungen».

Ob Bitcoin eine Blase ist oder tatsächlich eine der grössten finanziellen Innovationen überhaupt wird, zeigt die Zukunft. Dann wird sich auch zeigen, ob Gold zu seinem alten Glanz zurückfinden wird – oder ob sich seine Zeit als sicherer Hafen definitiv dem Ende zuneigt.


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