Banken stehen vor Paradigmenwechsel

Die ausufernde Regulierung hat die Finanzindustrie beinahe erwürgt. Nun krempelt die Digitalisierung und insbesondere ein neues Kundenverständnis die Branche um. Neu kommt nun Open Banking, welches das Potential hat, neue Ökosysteme im Banking zu ermöglichen.

Text: Rino Borini

Finanzinstitute stehen derzeit vor mehreren Herausforderungen: Das Tiefzinsumfeld lässt die Zinsmargen erodieren, die Erträge im Wealth Management sind seit Jahren rückläufig und neue Technologien prallen mit voller Wucht auf die altbackenen Bankensysteme. Ex-Barclays-CEO Jenkins bezeichnet sie deshalb als «Museen für Technologie».

Dazu kommen neue Regulationen, welche die Abläufe verkomplizieren und verteuern. Das grösste Problem aber: Viele Banken bieten den Kunden nicht das, was diese wollen. Zwar prahlen viele Institute mit erfolgreichen Digitalisierungsprojekten, doch davon sind viele nicht mehr als Scheindigitalisierungen. Sie versprechen den Kunden ein Online-Erlebnis, liefern aber primär offline. Da die Prozesse im Hintergrund nicht end-to-end digitalisiert sind, ist auch heute noch viel manuelle Arbeit nötig. Und die kostet. Aber vor allem ist die Anbieterzentriertheit im Vordergrund anstatt eine völlige Kundenorientierung zu leben.

Künftiger Kundendruck

Es sind nicht nur die jungen Kunden – die Google-Kids -, die Druck machen, sondern auch die Generation 55+. Diese wird derzeit am stärksten «digitalisiert» und sie weist die höchsten Wachstumsraten bei der Nutzung von Smartphones und Tablets auf.

In Kombination mit der Generation Y, die ab 2020 in der Überzahl sein wird, haben die Banken gar keine andere Wahl, als ihre Produkte und Dienstleistungen umzukrempeln. Es findet ein Paradigmenwechsel statt von CRM, dem klassischen Customer Relationship Management, zu CMR: Customer Managed Relationship.

Dem Regulator fällt bei dieser Transformation eine wichtige Rolle zu. Er ist angehalten, Fintech freundliche Regeln zu erlassen und den Markt für Drittanbieter zu öffnen – ohne dabei den Kunden- und Anlegerschutz zu vernachlässigen.

Zu den Drittanbietern zählen nicht nur aufkommende Fintech-Startups, sondern vor allem etablierte Fremdanbieter wie beispielsweise die grossen Techgiganten wie Amazon, Alibaba, Facebook & Co. Und diese nisten sich langsam an der Wertschöpfungskette Finanzdienstleistungen ein.

Offene Schnittstellen

Ein möglicher Game-Changer ist bereits da: «Open Banking». Dabei geht es darum, dass Fremdanbieter über digitale Schnittstellen (API) Zugriff auf Konten ihrer Kunden bei der jeweils kontoführenden Bank erhalten sollen. Das ist im EU-Raum seit Januar 2018 Realität sein, Stichwort dazu: PSD2 (Zahlungsdienste-Richtlinie). Einen ähnlichen Weg beschreitet auch die Wettbewerbsbehörde in Grossbritannien. In ihrem Report «Banking Open Innovation» schreibt der Wettbewerbshüter klar und deutlich, was das Ziel ist: «Making banks work harder for you.»

Open Banking betrifft nicht nur den klassischen Zahlungsverkehr oder die Kontoführungs-Dienstleistungen. Open Banking bedeutet das Öffnen der Banken und Teile ihrer Daten für Drittanbiete, wie beispielsweise Fintech Unternehmen. Dies alles erfolgt über die sogennanten APIs (Application-Programming-Interface). Damit können Operationen und Transaktionen auf Bankkonten möglich, die von Dritten ausgelöst werden. Das bringt für Bankkunden neue Möglichkeiten, Komfort und das Bündeln einer Vielzahl von Dienstleistungen.

Banking auf Augenhöhe

Banken, die sich der Digitalisierung konsequent stellen und auf gleicher Augenhöhe mit dem Kunden zusammenarbeiten und entsprechende Kundenerlebnise bieten, werden in den nächsten Jahren profitieren. Der Gewinner wird zweifelsfrei der Kunde: Er bekommt ein besseres Banking zu tieferen Kosten.

Das ist übrigens auch das Motto der diesjährigen Finance 2.0 Konferenz, die grösste Digital Finance Plattform der Schweiz: Paradigmenwechsel: Von CRM zu CMR: Customer Managed Relationship.


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