Die Versteuerung digitaler Vermögenswerte

Das Aufkommen digitaler Vermögenswerte wie Bitcoin hat in jüngster Vergangenheit diverse Fragen zur steuerlichen Behandlung dieser Wertrechte aufgeworfen. Unter anderem fragt sich, wie Krypto-Assets in der Steuererklärung erfasst werden und welche weiteren Offenlegungspflichten bestehen.

Text: Thomas Linder, Tax Partner, MME, Zürich

Steuern BitcoinLangsam ziehen die Kurse der Kryptowährungen wieder an und manch Investor wird überschlagsmässig ausrechnen, wie hoch der potenzielle Kapitalgewinn ist – und nach grosser Freude über den Vermögenszuwachs mit Schrecken feststellen, dass er die entsprechenden Werte in den letzten Jahren in der Steuererklärung nicht deklariert hat.

Beruhigung erfährt unser Investor erst, als er sich erfolgreich einredet, dass Kryptowährungen anonym über dezentrale Börsen gehandelt werden und eine allfällige Besteuerung daher eh nicht greifen kann. Aber macht er es sich da nicht zu einfach?

Steuerpflichtige Vermögenswerte wie Bitcoin & Co.

In der Schweiz gilt der Grundsatz, dass alle Vermögenswerte und geldwerten Rechte, die über einen Verkehrswert verfügen, mindestens ins Reinvermögen des Steuerpflichtigen gehören und mit der Vermögenssteuer erfasst werden. Dasselbe gilt für Kryptowährungen und digitale Vermögenswerte, sobald diese auf andere übertragen werden können und entsprechend einen Marktwert haben.

Die Bewertung kann dabei nach der Kursliste der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) erfolgen – seit dem Jahr 2015 ist auf dieser Liste auch ein Jahresendkurs von Bitcoin zu finden – oder gemäss eigenem Vorschlag. Dem Steuerpflichtigen wird hier ein gewisser Ermessensspielraum zugestanden.

Wichtig ist aber die Deklaration des Bestandes selbst, entweder im Wertschriftenverzeichnis oder auf separater Beilage. Alles andere ist Steuerhinterziehung. Spätestens wenn die Kryptowährungen, wie beispielsweise Bitcoin, in Luxusschlitten oder Immobilien reinvestiert werden, wird den Steuerbehörden die Hinterziehung aufgrund Zunahme des Vermögens ohne erklärbaren Zufluss auffallen.

Gingen dem Investor gewisse Vermögenswerte in der Vergangenheit trotzdem «vergessen», bietet sich zur Bereinigung der Situation eine straflose Selbstanzeige an. Diese Möglichkeit hat man aber grundsätzlich nur einmal im Leben und sie muss freiwillig erfolgen. Sind einem die Steuerbehörden erst einmal auf die Schliche gekommen, ist es dafür zu spät.

Selbständige Erwerbstägigkeit

Eine Deklaration im Vermögen wird umso mehr empfohlen, als in der Schweiz private Kapitalgewinne steuerfrei sind. Erst wenn mit dem Vermögen eine selbständige Erwerbstätigkeit ausgeübt wird, werden realisierte Gewinne auch tatsächlich besteuert.

Dabei ist die Abgrenzung nicht einfach. Lange Haltedauer, tiefe Transaktionsvolumen, Handel ohne Zuhilfenahme von Fremdmitteln oder Derivaten oder das Bestreiten des allgemeinen Lebensunterhalts ohne Handelstätigkeit sind Indizien für eine private Vermögensverwaltung.

Eine steuerbare selbständige Erwerbstätigkeit dagegen liegt vor, wenn der Investor eine Tätigkeit entfaltet, die in ihrer Gesamtheit auf Erwerb gerichtet ist, beziehungweise wenn er solche Geschäfte systematisch mit der Absicht der Gewinnerzielung betreibt. Zum Beispiel bei Trading unter Einbezug von Algorithmen (Algo-Trading) oder Bitcoin-Mining mit spezieller Server-Infrastruktur. Als realisiert gilt ein Kapitalgewinn, wenn ein Vermögenswert veräussert oder eingetauscht wird, wobei wahrscheinlich auch auf Smart Contracts basierende Transaktionen (beispielsweise Atomic Swaps) darunterfallen.

Von den steuerbaren Einkünften aus selbständiger Erwerbstätigkeit können dann aber auch geschäfts- oder berufsmässig begründete Kosten abgezogen werden, insbesondere die eingetretenen Verluste oder Kosten für die technologische Infrastruktur. Schliesslich unterliegt die selbständige Erwerbstätigkeit auch den Sozialabgaben. Bei umfangreicher Geschäftstätigkeit sollte daher die Gründung einer eigenen Gesellschaft ins Auge gefasst werden.

Steuerpflichtige Einkünfte

Generieren die digitalen Vermögenswerte zusätzlich passive Einkünfte (beispielsweise Dividenden, Zinsen, Lizenzgebühren oder Rewards), sind diese als Vermögensertrag sowohl im Privat- wie auch im Geschäftsvermögen steuerbar.

Erträge aus Mining oder Staking werden ebenfalls als Vermögensertrag behandelt, wobei hier – wie oben beschrieben – auch eine aktive Geschäftstätigkeit vorliegen kann. Sogenannte Airdrops, die ungefragt und zu Werbezwecken im Wallet des Steuerpflichtigen landen, sind dagegen als digitale Geschenke nicht steuerbar. Auch Hard Forks, bei denen aus der Aufspaltung einer bestimmten Blockchain aus einem digitalen Vermögenswert deren zwei entstehen, stellen eher eine steuerneutrale Vermögensumschichtung dar. Zuletzt kommt einem korrekten Steuerausweis auch bei Erbschaften, Scheidungen und Bankbeziehungen eine tragende Rolle zu.

Wahrheit, Wahrheit, Wahrheit

Einem Investor in Kryptowährungen und digitalen Vermögenswerten ist demnach empfohlen, sein Portfolio genau zu analysieren und alles zu deklarieren. Vor allem müssen Privat- und Geschäftsvermögen getrennt und allfällige Vermögenserträge als Einkommen ausgewiesen werden.

Und wie immer im Leben gilt auch im Steuerrecht: Wahrheit muss Wahrheit bleiben – und ehrlich währt am längsten. Zahlen Sie daher im Erfolgsfall halt Steuern, wenn es sein muss. Denn weder die dauerhafte Erzielung (steuerfreier) Verluste noch Steuerhinterziehung lohnen sich längerfristig.

Thomas Linder ist Tax Partner bei MME, Zürich


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