Kryptoausblick 2020: Kein Geschäftsmodell

Was gilt es im neuen Jahr in der Kryptowelt besonders auf dem Radar zu haben? Wir haben acht verschiedene Themen identifiziert, bei denen im nächstes Jahr einiges laufen wird. Die Trends 2020. Hier Nummer sieben.

Text: Pascal Hügli

Der Nutzen öffentlicher Infrastrukturprotokolle dürfte 2020 weiter ins Auge fallen. 2019 war das Jahr von Uniswap, einem dezentralen Exchange-Protokoll, das von Hayden Adams innert weniger Monate programmiert wurde. Das Projekt hat vor allem eines gezeigt: Erfolgreich kann sein, was kein Geschäftsmodell hat, über keinen Token verfügt und nicht einmal eine KCY-Implementierung kennt. Dabei ist Uniswap keine gewöhnliche dezentralisierte Börse auf Protokollbasis. Sie arbeitet nicht mit Orderbüchern, sondern einem algorithmischen Preismechanismus, der Liquidität und möglichst geringe Handelsspannen garantiert. Uniswap macht es jedermann möglich, Liquidität zu stellen und damit zum Market-Maker zu werden. Anreize bietet das Protokoll, indem es die Liquiditätsanbieter mit Handelsgebühren belohnt.

Doch dann kam der vermeintliche Dämpfer: Die in den USA verweilenden Uniswap-Entwickler wurden dazu verdonnert, Länder wie Nordkorea, Sudan und den Iran per Geo-Blocking auszuschliessen. Hat Uniswap also doch zentrale Angriffspunkte? Die Uniswap-Benutzerfläche vielleicht schon, nicht aber das Uniswap-Protokoll. Die Benutzerfläche läuft auf dem «alten» Internet, das wiederum auf zentralisierten Servern läuft. Das Protokoll dagegen läuft auf einer öffentlichen, dezentralisierten Blockchain. Der Fall Uniswap zeigt auf, was 2020 im Zuge von Zensurversuchen verstärkt passieren dürfte: Alternative Benutzerflächen werden aufgeschaltet. Nutzer hosten ihre eigene lokale Benutzeroberfläche, um so jederzeit auf die neuen Finanzprotokolle zugreifen zu können. Oder die Benutzeroberflächen werden gleich komplett über «Peer-to-peer-Daten-Systeme» anstelle von «Corporate-controlled Cloud-Dienstleistungen» gehostet.

Aus der Vogelperspektive betrachtet, hat Uniswap tatsächlich keinen Flaschenhals (ausser Ethereum) – aber eben auch kein Geschäftsmodell. Es handelt sich um eine öffentliche Infrastruktur, kein Team verdient daran direkt Geld. Die Zahl solcher öffentlicher Finanzinfrastrukturen wird 2020 zunehmen, weshalb immer offensichtlicher wird, dass sich öffentliche, erlaubsnisfreie Protokolle nicht auf die IT-Welt beschränken, sondern auch die Welt der Finanzen umkrempeln werden.


Ausblick-Serie:

Teil 1: Bitcoin Lightning-Netzwerk
Teil 2: Derivatemarkt im Hoch
Teil 3: STO & Distributionsplattform
Teil 4: Kryptozahlungen
Teil 5: Stablecoins
Teil 6: Ethereum 2.0
Teil 7: Kein Geschäftsmodell
Teil 8: Intransparenz aufgedeckt


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